Hans Walser

Rechtwinkliges Dreieck und Binomialverteilung

1     Worum geht es?

Durch iterierte Zerlegung eines rechtwinkligen Dreiecks durch die Hšhe kommen wir zu den Binomialkoeffizienten und der Binomialverteilung.

Die †berlegungen kšnnen mit Schere und Papier nachvollzogen werden.

2     Mit Geodreieck und Schere

Abb. 0: Arbeitsvorlage

Wir arbeiten entweder mit dem wei§en Dreieck links oben (oder mit einem beliebigen anderen rechtwinkligen Dreieck), zeichnen mit dem Geodreieck die Hšhe und schneiden aus. In den beiden Teildreiecken zeichnen wir wieder je die Hšhe und zerlegen mit der Schere. Und so weiter und so fort.

Alternativ kšnnen wir im schon prŠparierten rechtwinkligen Dreieck rechts unten mit den Hšhen zerlegen, die Teildreiecke der Grš§e nach ordnen und am Schluss versuchen, die Teildreiecke wieder zum gro§en rechtwinkligen Dreieck zusammenzufŸgen.

Alternativ kšnnen wir im schon prŠparierten rechtwinkligen Dreieck rechts unten die Dreiecke der Grš§e nach ausmalen und dann die Farben auszŠhlen.

Die Arbeitsvorlage kann in [1] als pdf heruntergeladen werden.

3     Zerlegungen des rechtwinkligen Dreiecks

Ein Dreieck wird durch eine Ecktransversale in zwei Teildreiecke zerlegt (Hšlzl 2017). Dabei kšnnen verschiedene Bedingungen an das Startdreieck und die beiden Teildreiecke gestellt werden.

Wir besprechen den Sonderfall eines rechtwinkligen Dreiecks, welches wir durch die Hšhe in zwei Teildreiecke zerlegen. Die beiden Teildreiecke sind wieder rechtwinklig.

Dabei iterieren wir den Zerlegungsprozess.

Die Abbildung 1 zeigt das Startdreieck. Da wir noch nichts zerlegt haben, bleibt vorerst einmal dieses Startdreieck.

Abb. 1: Startdreieck

Erster Schritt: wir zerlegen mit der zur Hypotenuse senkrecht stehenden Hšhe. Es entstehen zwei ungleich gro§e Teildreiecke (Abb. 2).

Abb. 2: Zerlegung durch die Hšhe

Zweiter Schritt: Und nun kommt das Entscheidende. Wir zerlegen auch jedes der beiden Teildreiecke mit seiner Hypotenusenhšhe (Abb. 3).

Abb. 3: Zweite Zerlegung durch die Hšhe

Das gibt zunŠchst vier Teildreiecke. Dabei ist aus SymmetriegrŸnden sofort klar, dass die beiden mittleren gleich gro§ sind. Das eine der beiden mittleren Dreiecke ist dabei das gro§e Teildreieck vom vorhergehenden kleinen Teildreieck, und das andere das kleine Teildreieck vom vorhergehenden gro§en Teildreieck.

Die Anzahlen 1, 2, 1 erinnern an die Binomialkoeffizienten.


 

Die Abbildungen 4 und 5 zeigen die beiden weiteren Zerlegungen.

Abb. 4: Dritte Zerlegung

Abb. 5: Vierte Zerlegung

4     Binomialkoeffizienten

Die jeweiligen Anzahlen der Teildreiecke sind vermutlich die Binomialkoeffizienten (Abb. 6).

Abb. 6: Binomialkoeffizienten

Um dies exemplarisch einzusehen, vermischen wir die figŸrlichen AufzŠhlungen der Abbildungen 3 und 4. Die in der Abbildung 7 wei§ unterlegten Teile entstammen der Abbildung 3, die gelb unterlegten der Abbildung 4.

Abb. 7: Vermischung

Nun zerlegen wir die Dreiecke aus der Abbildung 3, also die in der Abbildung 7 wei§ unterlegten Dreiecke, durch ihre Hypotenusenhšhen (Abb. 8).

Wir kšnnen die Teildreiecke nun eins zu eins (bijektiv) den gelb unterlegten Dreiecken zuordnen.

Abb. 8: Zerlegung und Zuordnung

Im Zahlendreieck der Binomialkoeffizienten haben wir damit die Zuordnung der Abbildung 9 vorgenommen.

Abb. 9: Im Zahlendreieck

Damit ergibt sich allgemein die fŸr die Binomialkoeffizienten relevante Rekursion:

 

                                                                                                           (1)

 

 

5     Didaktische Zwischenbemerkung

Die Zerlegungen kšnnen mit Schere und Papier nachvollzogen werden. So erhalten wir einen modellmŠ§igen Zugang zu den Binomialkoeffizienten.

Neckisch ist auch das Puzzle, die einzelnen Teildreiecke ohne Schnittvorlage wieder zum Startdreieck zusammenzufŸgen.

 

6     Ma§verhŠltnisse

FŸr die Berechnungen im rechtwinkligen Dreieck verwenden wir die Ÿblichen Bezeichnungen a und b fŸr die beiden Katheten und c fŸr die Hypotenuse. FŸr die Dreiecke der Abbildung 2 erhalten wir damit die in der Abbildung 10 rot angegebenen €hnlichkeitsfaktoren (LŠngenma§stŠbe oder LŠngenverŠnderungsfaktoren). Die FlŠchenma§stŠbe sind die Quadrate davon (blau in Abb. 10).

Abb. 10: LŠngenma§stŠbe (rot) und FlŠchenma§stŠbe (blau)

7     Relative Hypotenusenabschnitte

FŸr das Ausgangsdreieck definieren wir die relativen Hypotenusenabschnitte:

 

                                                                                                     (2)

 

 

Um daraus die in der Schule Ÿblichen vom Hšhenfu§punkt ausgehenden absoluten Hypotenusenabschnitte zu erhalten, muss man noch mit der HypotenusenlŠnge c multiplizieren.

Diese relativen Hypotenusenabschnitte sind auch die FlŠchenma§stŠbe bei der Zerlegung durch die Hypotenusenhšhe gemŠ§ Abbildung 10.

Weiter gilt nach dem Satz des Pythagoras:

 

                                                                                                             (3)

 

 

Die beiden Variablen p und q sind also auch passend fŸr †berlegungen mit Wahrscheinlichkeit und Gegenwahrscheinlichkeit.

8     FlŠchenanteile

Wir kšnnen nun mit den Variablen p und q die FlŠchenanteile der Teildreiecke der Abbildungen 2 bis 5 am Startdreieck angeben (Abb. 11-14).

Abb. 11: FlŠchenanteile bei einmaligem Zerlegen

Abb. 12: FlŠchenanteile bei zweimaligem Zerlegen

Abb. 13: FlŠchenanteile bei dreimaligem Zerlegen

Abb. 14: FlŠchenanteile bei viermaligem Zerlegen

Wir erkennen die Binomialverteilung in folgender Form: in der n-ten Zerlegung ist der FlŠchenanteil aller  gleich gro§er Teildreiecke:

 

                                                                                         (4)

 

9     Und wo bleibt der Baum?

In der Schule ist es Ÿblich, im Kontext der Binomialverteilung mit einem BaumgerŸst etwa gemŠ§ der Abbildung 15 zu arbeiten.

Dieser Baum visualisiert die kombinatorischen Anzahlen mit den Binomialkoeffizienten, er ist aber keine Visualisierung der Ma§verhŠltnisse mit der Binomialverteilung.

Abb. 15: Kombinatorischer Baum

10  Der Pythagorasbaum

Um die kombinatorischen Anzahlen zusammen mit den Ma§verhŠltnissen zu visualisieren, verfahren wir wie folgt (Abb. 16-21).

Abb. 16: Am Anfang war das Quadrat

Abb. 17: Gru§ von Pythagoras

Abb. 18: Zweiter Gru§ von Pythagoras

Wir sehen, dass die Quadrate der jeweils neuen Runde gleich orientiert sind.

Abb. 19: Dritte VerŠstelung

Abb. 20: Vierte VerŠstelung

Die WeiterfŸhrung ad infinitum fŸhrt zu einem Fraktal (Abb. 21). Hat das etwas mit der Normalverteilung zu tun?

Abb. 21: Pythagorasbaum

 

Literatur

Glštzner, Fabian (2017): Binomialverteilung erkunden. Beispiele untersuchen, systematisieren und erweitern. mathematik lehren 201 | 2017, 36-41.

Hšlzl, Reinhard (2017): Dreiecke in Dreiecke zerlegen. Welche Eigenschaften und ZusammenhŠnge findest du? mathematik lehren 201 | 2017, 12-15.

Walser, Hans (2017): Dreiecksunterteilung und Binomialverteilung – In: Fachnewsletter mathematik lehren vom 18.9.2017

Walser, Hans (2017): Rechtwinklige Dreiecke ... . Ideenkiste. ml, mathematik lehren 204 | 2017, 51.

 

Websites

[1] Hans Walser: Arbeitsvorlage (10.12.2017):

http://www.walser-h-m.ch/hans/Vortraege/20180306/Puzzle_24_bw.pdf