Hans Walser, [20190130]

Wurzel-2-Dreieck

Anregung: Horst Steibl, Braunschweig

1     Worum geht es?

Das rechtwinklig gleichschenklige Dreieck (Abb. 1a) hat das SeitenverhŠltnis .

Wir vertauschen nun die beiden LŠngen und arbeiten mit dem gleichschenkligen Dreieck mit dem SeitenverhŠltnis  (Abb. 1b). Dieses Dreieck nennen wir das Wurzel-2-Dreieck.

Abb. 1: Rechtwinklig gleichschenkliges Dreieck und Wurzel-2-Dreieck

Beide Dreiecke kšnnen mit je drei Rechtecken im DIN-Format (Walser 2013) ausgelegt werden (Abb. 2).

Abb. 2: DIN-Rechtecke

2     LŠngen und Winkel

Fźr das Wurzel-2-Dreieck mit der BasislŠnge 1 gelten folgende Ma§e (Bezeichnungen nach Abb. 3).

Abb. 3: Ma§e und Bezeichnungen

Es ist:

 

                                                                                         (1)

 

 

 

Dieser Winkel  ist der Spitzenwinkel des Dreiecks, kommt aber auch an anderen Orten vor.

Weiter ist:

 

                                                                                                   (2)

 

 

 

                                                                           (3)

 

 

 

                                                                                     (4)

 

 

 

Weiter gilt fźr die Schwerlinien  und :

 

                                                                                                                     (5)

 

 

 

Die Dreiecke  und  sind daher ebenfalls Wurzel-2-Dreiecke.

3     Zerlegungen

Die Abbildung 4 zeigt eine Zerlegung des Wurzel-2-Dreieckes durch eine von einer Basisecke ausgehende Schwerlinie in zwei flŠchengleiche Dreiecke.

Abb. 4: Zerlegung

Das eine der beiden Dreiecke (himmelblau) ist ebenfalls ein Wurzel-2-Dreieck. Das andere (orange) Dreieck hat das SeitenverhŠltnis . Der Lehrer LŠmpel bringt hier die Bemerkung an, das sei eine geometrische Folge. Wir bezeichnen dieses Dreieck mit dem sperrigen Namen Wurzel-2-Nebendreieck.

3.1    Zerlegung des Wurzel-2-Nebendreieckes

Das Wurzel-2-Nebendreieck kann in eine Folge von Wurzel-2-Dreiecken zerlegt werden (Abb. 5a). Dabei wird der FlŠcheninhalt der Dreiecke schrittweise halbiert. Die SchenkellŠnge des folgenden Dreieckes ist die BasislŠnge des vorhergehenden Dreieckes. Zusammen mit dem Wurzel-2-Dreieck unten rechts haben wir nun eine Zerlegung des ursprźnglichen Wurzel-2-Dreiecks in eine Folge von Wurzel-2-Dreiecken.

Diese Zerlegung erinnert an die Zerlegung des DIN A0-Rechteckes in Rechtecke DIN A1, A2, A3, ... (Walser 2013, S. 11, Abb. 1.4).

 

Abb. 5: Zerlegung

3.2    Zerlegung des Wurzel-2-Dreieckes

Wir kšnnen umgekehrt das Wurzel-2-Dreieck in eine Folge von Wurzel-2-Nebendreiecken zerlegen. Die Abbildung 6a zeigt eine einfache Lšsung mit dem Grenzpunkt rechts unten, die Abbildung 6b eine spiralfšrmige Lšsung mit einem Grenzpunkt im Innern. In der Abbildung 6a sind die orangen und die grźnen Dreiecke ungleichsinnig Šhnlich. In der Abbildung 6b sind alle Teildreiecke gleichsinnig Šhnlich.

Es gibt unendlich viele weitere Lšsungen.

 

Abb. 6: Zerlegungen in Wurzel-2-Nebendreiecke

Frage: Gibt es analoge Zerlegungen fźr andere Dreiecke?

4     Falten

Das Wurzel-2-Dreieck kann durch Falten konstruiert werden. Dies geht sowohl mit einem Papier im DIN-Format wie auch mit einem quadratischen Origami-Papier. Beide Faltkonstruktionen sind exakt.

4.1    Papier im DIN-Format

Die Abbildung 7 zeigt den Faltvorgang. Zu Orientierungszwecken wird angenommen, das Papier sei vorne gelb und hinten magenta.

Die beiden schrŠgen Faltlinien definieren das Wurzel-2-Dreieck.

Abb. 7: Falten bei DIN-Papier

4.2    Quadratisches Origami Papier

Die Abbildung 8 zeigt den Faltvorgang.

Abb. 8: Falten bei Origami-Papier

Wer clever ist, holt noch ein zweites Wurzel-2-Dreieck heraus.

 

5     Das Wurzel-2-Trapez

Wir schneiden auf halber Hšhe die Spitze des Wurzel-2-Dreieckes ab (Abb. 9a). Es bleibt ein gleichschenkliges Trapez źbrig. Durch Strecken mit dem Faktor  erhŠlt die Grundparallele die LŠnge , die Schenkel erhalten die LŠnge 1 und die Deckparallele die LŠnge , also den Kehrwert der Grundparallele (Abb. 9b). Die Diagonalen erhalten ebenfalls die LŠnge .

Abb. 9: Abschneiden zum Trapez

Dieses Trapez kann als spezielle Position eines Gelenkmodells gesehen werden, das aus den vier in der Abbildung 9b fett eingezeichneten StŠben der LŠngen  und 1 besteht (Walser 2013, S. 37, 38, 44). Die beiden Parallelseiten haben dann inverse LŠngen. Die Abbildung 10 zeigt zwei andere Positionen dieses Gelenkmodells.

Abb. 10: Andere Positionen

6     Dimetrische Axonometrie

Den Spitzenwinkel  des Wurzel-2-Dreieckes treffen wir auch bei der dimetrischen Axonometrie an (Abb. 11a mit den Einheitsvektoren auf den Achsen). Ebenfalls treffen wir dort den Schnittwinkel  der beiden Schwerlinien  und  an. Die Winkel in der Abbildung 11 sind rein planimetrisch zu verstehen, nicht etwa rŠumlich. Im Raum misst ja der Winkel zwischen der y-Achse und der z-Achse 90ˇ.

Abb. 11: Dimetrische Axonometrie

In der Abbildung 11b ist das dimetrische Bild des Einheitswźrfels eingetragen.

7     Rationale SeitenverhŠltnisse

Das SeitenverhŠltnis im Wurzel-2-Dreieck ist irrational. Es gibt aber auch Dreiecke mit rationalen SeitenverhŠltnissen, bei denen Vielfache (modulo 180ˇ) der Winkel  und  erscheinen. 

7.1    SeitenverhŠltnis 3:2:2

Abb. 12: SeitenverhŠltnis 3:2:2

Dieses Dreieck erscheint auch als Teildreieck in der Abbildung 3.

7.2    SeitenverhŠltnis 1:4:4

Abb. 13: SeitenverhŠltnis 1:4:4

Die Winkel sind modulo 180ˇ verdoppelt.

7.3    SeitenverhŠltnis 9:8:8

Abb. 14: SeitenverhŠltnis 9:8:8

Die Winkel sind modulo 180ˇ verdreifacht.

7.4    SeitenverhŠltnis 31:16:16

Abb. 15: SeitenverhŠltnis 31:16:16

Die Winkel sind modulo 180ˇ vervierfacht.

7.5    SeitenverhŠltnis 57:32:32

Abb.16: SeitenverhŠltnis 57:32:32

Die Winkel sind modulo 180ˇ verfźnffacht.

Frage: Gibt es ein analoges Vorgehen fźr andere Winkel?

7.6    †bersicht

7.6.1   Positive Zahlen

Die Tabelle 1 gibt eine †bersicht.

 

Faktor

Basis

Schenkel

Schenkel

1

3

2

2

2

1

4

4

3

9

8

8

4

31

16

16

5

57

32

32

6

47

64

64

7

87

128

128

8

449

256

256

9

999

512

512

10

1201

1024

1024

Tab. 1: †bersicht

Fźr den Vervielfachungsfaktor n ist die SchenkellŠnge:

 

                                                                                                                         (6)

 

 

 

Fźr die BasislŠnge gilt:

 

                                                                                                     (7)

 

 

 

7.6.2   Weglassen der Betragsstriche

Mit

 

                                                                                                     (8)

 

 

 

erhalten wir die Werte der Tabelle 2.

 

n

1

3

2

2

1

4

3

–9

8

4

–31

16

5

–57

32

6

–47

64

7

87

128

8

449

256

9

999

512

10

1201

1024

Tab. 2: Mit Minuszeichen

Bei der Folge  handelt es sich um die Folge A247563 der oeis. Sie hat die Rekursion:

 

                                                                                                   (9)

 

 

 

 

Weblinks

Oeis, The On-Line Encyclopedia for Integer Sequences:

https://oeis.org

 

Horst Steibl, Braunschweig:

http://www.horst-steibl.de

 

Hans Walser: Miniaturen: DIN-Format:

http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen_Uebersicht/DIN_Format/index.html

 

 

Literatur

Walser, Hans (2013): DIN A4 in Raum und Zeit. Silbernes Rechteck – Goldenes Trapez – DIN-Quader. Edition am Gutenbergplatz, Leipzig 2013. ISBN 978-3-937219-69-1.