Hans Walser, [20160324]

Der Satz von Viviani im Raum

1     Ausgangslage

Der Satz von Viviani besagt, dass in einem gleichseitigen Dreieck die Summe der drei von einem beliebigen Punkt ausgehenden AbstŠnde zu den Dreieckseiten eine Konstante ist, nŠmlich die Dreieckshšhe (Vargyas und Walser, 2015).

Abb. 1: Der Satz von Viviani in der Ebene

Ein einfacher Beweis geht so: Wir zerlegen das Dreieck in drei Teildreiecke. In der Abbildung 2 ist eines dieser Teildreiecke hervorgehoben.

Abb. 2: Teildreiecke

Die Teildreiecke haben eine Seite des Ausgangsdreiecks als Grundlinie und eine rote Abstandsstrecke als Hšhe. Der FlŠcheninhalt eines Teildreiecks ist also die HŠlfte des Produktes der Dreiecksseite mit der Abstandsstrecke. Die Summe der drei FlŠcheninhalte ist somit die HŠlfte des Produkts der Dreiecksseite mit der Summe der drei roten Abstandsstrecken. Andererseits ist das die GesamtflŠche des Dreiecks, also die HŠlfte des Produkts der Dreiecksseite mit der Dreieckshšhe. Somit ist die Summe der drei roten Abstandsstrecken gleich der Dreieckshšhe. Dies war zu zeigen.

2     Im Raum

Der Satz gilt entsprechend im Raum: In einem regulŠren Tetraeder ist die Summe der vier von einem beliebigen Punkt ausgehenden AbstŠnde zu den TetraederseitenflŠchen eine Konstante, nŠmlich die Tetraederhšhe. Nachfolgend zunŠchst ein rechnerischer Beweis.

3     Disposition im Koordinatensystem

Die Punkte  seien die vier Eckpunkte des Tetraeders. Das Tetraeder kann in den EinheitswŸrfel eingebettet werden (Abb. 3).

Abb. 3: Tetraeder im EinheitswŸrfel

Damit sind

 

                                                                                           (1)

 

 

 

 

die Normalformen der Ebenengleichungen der SeitenflŠchen des Tetraeders.

4     Abstandssumme

Wir bezeichnen mit  die Summe der AbstŠnde eines Punktes  von den vier TetraederseitenflŠchen. Es ist:

 

         (2)

 

 

 

Die Summe ist also unabhŠngig vom Punkt  und konstant.

Wenn wir den Punkt P gegen eine Tetraederecke bewegen, wird einer der vier AbstŠnde gleich gro§ wie die Tetraederhšhe und die drei anderen AbstŠnde werden null.

Dies war zu beweisen.

Der Beweis ist formal recht einfach, aber geometrisch nicht elegant.

Die Abbildung 4 illustriert die Situation. Die LŠngensumme der vier blauen Strecken ist konstant und gleich gro§ wie die Tetraederhšhe.

Abb. 4: Summe der AbstŠnde

5     Geometrischer Beweis

Wir zerlegen das Tetraeder, vom blauen Punkt ausgehend, in vier Dreikant-Pyramiden mit je einer SeitenflŠche des Tetraeders als GrundflŠche. Die Abbildung 5 zeigt eine der vier Pyramiden.

Abb. 5: Pyramide

Die Pyramide hat eine der blauen Strecken als Hšhe. Das Volumen ist also ein Drittel des Produktes der blauen StreckenlŠnge mit der SeitenflŠche des Tetraeders. Die Volumensumme der vier Pyramiden ist somit einerseits die ein Drittel des Produktes der Summe der blauen StreckenlŠngen mit der SeitenflŠche des Tetraeders. Andererseits ist das aber das gesamte Tetraedervolumen, also ein Drittel des Produktes der Tetraederhšhe mit der SeitenflŠche des Tetraeders.

Daher ist die Tetraederhšhe gleich der Summe der vier blauen StreckenlŠngen. Dies war zu zeigen.

6     Eine FlŠchensumme

Die roten Fu§punkte der vier blauen Strecken in den Abbildungen 4 und 5 liegen je in einer der vier SeitenflŠchen des Tetraeders. Wir zeichnen nun ausgehend von jedem roten Punkt die ebene Viviani-Figur im betreffenden gleichseitigen Dreieck (rot in Abb. 6).

Abb. 6: Viviani-Figuren in den Seitendreiecken

Die Abstandsfu§punkte der Viviani-Figuren auf benachbarten Seitendreiecken liegen im selben Punkt auf der gemeinsamen Tetraederkante. Dies muss so sein, da die beiden Abstandsstrecken in der Normalebene zur Tetraederkante durch den ursprŸnglichen blauen Startpunkt im Innern des Tetraeders liegen.

Wir kšnnen also orthogonal zu jeder Tetraederkante ein ebenes Viereck einzeichnen.  Die Abbildung 7 zeigt ein solches Viereck.

Abb. 7: Viereck

Das Viereck ist von zwei blauen und zwei roten Kanten begrenzt. Eine blaue und die anschlie§ende rote Kante sind orthogonal zueinander. Das Viereck kann also in zwei rechtwinklige Dreiecke zerlegt werden, was die FlŠchenberechnung sehr einfach macht.

Die Abbildung 8 zeigt alle sechs Vierecke.

Abb. 8: Die sechs Vierecke

Der FlŠchensatz von Viviani besagt nun, dass die Summe der sechs ViereckflŠchen unabhŠngig vom blauen Startpunkt im Tetraeder ist und daher konstant.

FŸr den Beweis zerlegen wir die Vierecke in rechtwinklige Dreiecke. Die Abbildung 9 zeigt exemplarisch drei solcher Dreiecke, welche eine blaue Strecke als gemeinsame Kathete haben.

Abb. 9: Drei rechtwinklige Dreiecke

Die FlŠchensumme dieser drei rechtwinkligen Dreiecke ist die HŠlfte des Produktes der gemeinsamen blauen KathetenlŠnge mit der Summe der drei roten KathetenlŠngen. Die Summe der drei roten KathetenlŠngen ist aber nach dem Satz von Viviani in der Ebene gleich der Hšhe eines Seitendreieckes.

FŸr die Summe aller ViereckflŠchen erhalten wir somit die HŠlfte des Produktes der Hšhe eines Seitendreieckes mit der Summe der vier blauen Strecken. Die Summe der vier blauen Strecken ist aber nach dem Satz von Viviani im Raum die Tetraederhšhe.

Die Summe aller ViereckflŠchen ist also die HŠlfte des Produktes der Seitendreieckhšhe mit der Tetraederhšhe. Damit ist der FlŠchensatz bewiesen.

 

Literatur

Vargyas, Emese und Walser, Hans (2015): Verallgemeinerung des Satzes von Viviani. MI, Mathematikinformation Nr. 63, 15. September 2015. ISSN 1612-9156. S. 3-10.