Hans Walser, [20110827b], [20150110]

Modell der MinimalflŠche im Oktaeder

Anregung: [Limperg 2011] sowie eine private Mitteilung von G. L., W.

1        Worum geht es?

Wir tauchen ein Kantenmodell eines Oktaeders in eine Seifenlauge ein. Nach dem Herausziehen bilden die SeifenhŠute eine MinimalflŠche mit dem Kantenmodell des Oktaeders als Rand. Diese FlŠche wird als Papiermodell nachgebaut. Dabei zeigt sich ein Link zum DIN-Format.

 

MinimalflŠche im Oktaeder

 

2        MinimalflŠche im Oktaeder

Wir beginnen mit einem Kantenmodell des Oktaeders.

 

Kantenmodell des Oktaeders

 

Die folgende Abbildung zeigt die Verzweigungskanten und Verzweigungspunkte im Innern der MinimalflŠche. An den Verzweigungskanten kommen jeweils drei Ebenen zusammen, welche wechselseitig Winkel von  einschlie§en (Gleichgewichtsbedingung). An den Verzweigungsknoten kommen jeweils vier Verzweigungskanten zusammen, welche wechselseitig Winkel von  einschlie§en. Dieselben Winkel finden wir auch, wenn wir vom Mittelpunkt eines Tetraeders aus die vier Ecken anpeilen. Dieser Winkel wird beim Modellbau eine zentrale Rolle spielen.

 

Verzweigungen

 

Die MinimalflŠche besteht aus 12 Dreiecken und 6 Vierecken. In der folgenden Abbildung sind sie abwechslungsweise rot, gelb und blau gefŠrbt.

 

MinimalflŠche

 

Die folgende Abbildung zeigt lediglich die Dreiecke. Sie bilden vier nach innen gerichtete Pyramiden.

 

Nach innen gerichtete Pyramiden


Die sechs Vierecke sind Drachenvierecke, deren LŠngsachse auf Oktaederdiagonalen liegen. Die Ebenen zweier Vierecke mit der LŠngsachse auf derselben Oktaederdiagonalen sind orthogonal zu einander.

 

Drachenvierecke

 

3        Geometrisches Modell

Wir verwenden das Koordinatensystem der folgenden Abbildung.

 

Koordinatensystem

 

Die Ecken des Oktaeders legen wir wie folgt fest:

 

FŸr die Verzweigungspunkte ergeben sich folgende sehr einfache Koordinaten:

 

Die Punkte PQRS sind die Ecken eines Tetraeders.

Aus diesen Koordinaten lassen sich die oben angegebenen Winkel verifizieren.

Zu dieser Lšsung gibt es noch eine zweite Lšsung, welche zur ersten Lšsung punktsymmetrisch ist.

4        Papiermodell

4.1      Modelltyp

Wir stellen ein doppelwandiges Papiermodell mit Einschiebeschlitzen her. Die Dreiecke und Vierecke bestehen also aus zwei Lagen, zwischen welche die Verbindungsfalze eingeschoben werden. Bei der Verwendung von verschiedenen Farben fŸr die Bauteile sind die Verbindungsfalze unsichtbar. Die Verbindungsfalze kšnnen eingeklebt werden; ich habe sie lediglich mit Bostitch-Klammern fixiert.

4.2      Bauteile

Der stumpfe Schnittwinkel der beiden Diagonalen eines Rechteckes im DIN-Format ist , entspricht also dem Winkel, der in unseren Dreiecken und Vierecken vorkommt. Daher versuchen wir, die Bauteile auf der Basis von Papier im DIN-Format herzustellen. Ich habe DIN A5 verwendet.

In den folgenden Abbildungen fŸr die Bauteile sind Schnittlinien schwarz, konvexe Faltlinien (ãBergfalteÒ) blau und konkave Faltlinien (ãTalfalteÒ) rot gezeichnet. Konstruktionselemente sind grŸn. Verbindungsfalze etwas dunkler getšnt. Ma§angaben sind VerhŠltnisma§e.

4.2.1    Dreiecke

Aus einem DIN A5 Papier ergibt sich ein Doppeldreieck:

 

Doppeldreieck

 

Der eingezeichnete Winkel  bei den Verbindungsfalzen sollte etwa 30¡ messen.

Es sind insgesamt 12 solcher Bauteile erforderlich, also bei Verwendung von drei Farben je vier.

4.2.2    Vierecke

Aus einem DINA5 Papier ergeben sich zwei Vierecke.

 

Zwei Drachenvierecke

 

Wegen der Doppelwandigkeit sind insgesamt zwšlf Vierecke erforderlich, je vier von jeder Farbe.

Die folgende Abbildung zeigt das fertige Modell.

 

Modell

 

5        Technisches

Der Zusammenbau der Bauteile ist nicht ganz einfach. Es empfiehlt sich zuerst ein GesellenstŸck.

5.1      Tetraeder

Wir tauchen ein Kantenmodell des Tetraeders in die Seifenlauge. Die entstehende MinimalflŠche hat einen einzigen Verzweigungsknoten, den Mittelpunkt. Die Verbindungen zu den Tetraederecken sind die Verzweigungskanten.

 

Situation im Tetraeder

 

Die MinimalflŠche besteht aus sechs Dreiecken, welche dieselbe Form haben wie die Dreiecke bei der MinimalflŠche des Oktaeders.

 

MinimalflŠche

 

Die MinimalflŠche besteht aus vier nach innen gerichteten Pyramiden, welche die Spitze gemeinsam haben (Mittelpunkt).

Wir kšnnen daher mit sechs Doppeldreiecken, je zwei in jeder Farbe, die MinimalflŠche des Tetraeders zusammenbauen. Der Zusammenbau ist relativ einfach.

 

Modell der MinimalflŠche des Tetraeders

 

5.2      Kollapsmodell

Beim Oktaeder und beim Tetraeder haben wir dieselben vier Pyramiden. Wenn wir also die vier Pyramiden des Oktaeders je um ihre Hšhe gleich orientiert drehen und gleichzeitig den Abstand zum Mittelpunkt reduzieren, kollabiert das Oktaeder zum Tetraeder.

5.3      Ausblick

Gibt es ein Modell, das ohne Leim oder Fixierklammern auskommt?

6        FlŠchenvergleiche

Wir berechnen den FlŠcheninhalt  unserer MinimalflŠche.

FŸr eines der Dreiecke gilt:

 

 

FŸr eines der Vierecke gilt:

 

Aus  folgt . Somit wird:

 

FŸr die MinimalflŠche erhalten wir:

 

Wir vergleichen nun mit der FlŠche, welche sich ergibt, wenn wir die Oktaederkanten mit dem Mittelpunkt verbinden. Wir haben dann drei sich paarweise orthogonal durchdringende Quadrate der SeitenlŠnge .

 

Mittelpunktsebenen

 

FŸr den FlŠcheninhalt der GesamtflŠche finden wir:

 

Somit ist:

 

7        Reduzierte Symmetrie

WŠhrend die MinimalflŠche des Tetraeders die gleiche Symmetriegruppe hat wie das Tetraeder, haben wir bei der MinimalflŠche des Oktaeders nur die Symmetriegruppe des Tetraeders. Wir haben also einen Symmetrieverlust. Das ist allerdings nicht Ÿberraschend, da wir eine Dimension tiefer einen analogen Sachverhalt haben. Der Steinerbaum des regelmŠ§igen Dreiecks hat dieselbe Symmetriegruppe wie das Dreieck.

 

Steinerbaum des Dreieckes

 

Beim Quadrat sieht die Situation aber anders aus.

 

Steinerbaum des Quadrates

 

Der Steinerbaum des Quadrates hat nur noch die Symmetriegruppe des Rechtecks. Beim Quadrat gibt es noch einen zweiten Steinerbaum, welcher aus dem gezeichneten Steinerbaum durch eine Vierteldrehung entsteht.

 

Literatur

[Limperg 2011]          Limperg, Gerd: SteinerbŠume (auch dreidimensionale) im Experiment. MNU, Der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht. 64/5 (15. 7. 2011) Seiten 284-288.