Hans Walser, [20080409a]

Eine Visualisierung des Kosinussatzes

1        Worum es geht

Es wird eine zum Pythagoras-Piktogramm analoge Figur fŸr nicht rechtwinklige Dreiecke besprochen. Dabei werden Šhnliche gleichschenklige Dreiecke mit Basiswinkel  oder  aufgesetzt.

2        Die Bildsprache

Der relevante Winkel  im grŸnen Dreieck ist stumpf; die gleichschenkligen Dreiecke haben den Basiswinkel :

blau + blau + grŸn = rot

Der relevante Winkel  im grŸnen Dreieck ist spitz; dies ist auch der Basiswinkel der gleichschenkligen Dreiecke:

blau + blau = grŸn + rot


Dies erinnert an das Piktogramm fŸr den Satz des Pythagoras, in welchem allerdings der FlŠcheninhalt des Dreieckes keine Rolle spielt:

blau + blau = rot

3        Stumpfer Winkel g

Wir arbeiten mit dem spitzen Au§enwinkel  und setzen gleichschenklige Dreiecke mit dem Basiswinkel  auf.

Wir arbeiten mit dem Au§enwinkel

In dieser Situation gilt der FlŠchensatz:

Die beiden blauen Dreiecke plus das grŸne Dreieck sind zusammen flŠchenmŠ§ig gleich gro§ wie das rote Dreieck.


3.1      Rechnerischer Beweis

Es ist:

Zu prŸfen ist:

Die letzte Zeile ist wegen  der Kosinus-Satz.

3.2      Geometrischer Beweis 1

Beweisidee: Wolfgang Kroll, Marburg

Wir spiegeln das Dreieck  an AB, das Bilddreieck sei . Dann gilt:

Die Punkte  liegen also auf demselben Ortsbogen Ÿber AB.

Spiegelung und Ortsbogen


Weiter gelten folgende Winkelbeziehungen:

Wegen  und  ist  (gleiche Peripheriewinkel Ÿber gleich langen Sehnen). Da das Dreieck  gleichschenklig ist, folgt sogar . Analog kann  gezeigt werden; das Viereck  ist also ein Parallelogramm.

Parallelogramm

Daher ist:

Also gilt:

Damit ist der FlŠchensatz bewiesen.


3.3      Geometrischer Beweis 2

Da die drei gleichschenkligen Dreiecke Šhnlich sind, haben wir ein festes VerhŠltnis  zwischen der SchenkellŠnge und der BasislŠnge. (Es ist , wir benštigen diese Formel im folgenden aber nicht.)

Nun ergŠnzen wir die drei Punkte  zum Parallelogramm  (Figur).

ErgŠnzung zum Parallelogramm

Dann gilt:


Die beiden neuen Dreiecke  und  sind in der folgenden Figur magenta eingezeichnet.

FlŠchengleiche Dreiecke

Wir vermuten, dass . Dies kann wie folgt eingesehen werden: Aus Symmetrie- und ParallelitŠtsgrŸnden ist . Somit ist  mit dem €hnlichkeitsfaktor . Daher ist . Analog kann  nachgewiesen werden. Damit ist unsere Vermutung bewiesen. Daraus folgt aber der FlŠchensatz.


4        Spitzer Winkel g

Bei einem Dreieck ABC mit spitzem Winkel  setzen wir auf allen drei Seiten je ein gleichschenkliges Dreieck mit der betreffenden Dreieckseite als Basis und dem Basiswinkel  auf.

Aufgesetzte gleichschenklige Dreiecke

Dann gilt:

Die beiden blauen Dreiecke sind zusammen flŠchenmŠ§ig gleich gro§ wie das rote Dreieck zusammen mit dem grŸnen Dreieck.

4.1      Rechnerischer Beweis

Es ist:

 

Zu prŸfen ist:

Die letzte Zeile ist aber der Kosinus-Satz.


4.2      Geometrischer Beweis 1

Wir spiegeln die Dreiecke  und  an den Seiten b beziehungsweise a. Dies liefert die Bilddreiecke  und . Aus WinkelŸberlegungen analog zum stumpfwinkligen Fall folgt, dass die fŸnf Punkte  auf einem Kreis liegen und weiter das Viereck  ein Parallelogramm ist.

Kreis und Parallelogramm

Daher ist:

Daraus folgt:

Dies war zu beweisen.


4.3      Geometrischer Beweis 2

ZunŠchst verschieben wir — um den †berblick nicht zu verlieren — die Dreiecke  und  um die respektiven Vektoren  und . Wir erhalten die Bilddreiecke  und , die sich allerdings Ÿberlappen.

Verschiebung

Nun ergŠnzen wir die drei Punkte  zum Parallelogramm ; dies ist in der folgenden Figur dargestellt.

ErgŠnzung zum Parallelogramm

Mit  erhalten wir flŠchengleiche Dreiecke:

Die beiden neuen Dreiecke  und  sind in der Figur magenta eingezeichnet.


Wir vermuten, dass die Vierecke  und  kongruent sind (Punktsymmetrie).

Kongruente farbige Vierecke?

ZunŠchst ist das Dreieck  kongruent zum Dreieck . Weiter ist  mit dem Streckfaktor  (in diesem Fall ist ). Daher ist . Analog kann  gezeigt werden. Damit ist die Vermutung bewiesen.

5        Link zu Pythagoras

Der Kosinus-Satz enthŠlt fŸr  als Sonderfall den Satz des Pythagoras. Leider kšnnen wir in unserem FlŠchensatz den Winkel  nicht als rechten Winkel wŠhlen, da die gleichschenkligen Dreiecke sonst zu Halbstreifen mit unendlich gro§em FlŠcheninhalt ausarten wŸrden. Zudem wŠre die Frage, auf welcher Seite die DreiecksflŠche nun zu rechnen wŠre, da  als Grenzfall sowohl eines stumpfen wie eines spitzen Winkels zu sehen wŠre. Allerdings kann man sagen, dass eine endliche DreiecksflŠche im Vergleich zu den unendlichen Halbstreifen ohnehin quantitŽ nŽgligeable ist. Aber statt Ÿber das Unendliche zu philosophieren, bleiben wir bei den Leuten und stutzen die gleichschenkligen Dreiecke. Wir schneiden sie bei relativ gleicher Hšhe durch, so dass gleichschenklige Trapeze der respektiven Hšhen , ,  mit frei wŠhlbarem  Ÿbrig bleiben. Als Referenz an das Ÿbliche Pythagoras-Piktogramm wŠhlen wir .

Die Frage ist, wie wir das zentrale Dreieck stutzen mŸssen, damit der FlŠchensatz wieder gilt. Das sehen wir, wenn wir die abgeschnittenen Teile der gleichschenkligen Dreiecke neu zusammensetzen. Es entsteht dann ein kleines zentrales Dreieck, das zum ursprŸnglichen Dreieck Šhnlich ist und von diesem abgeschnitten werden muss. Es bleibt ein (im allgemeinen nicht gleichschenkliges) Trapez Ÿbrig.

Trapeze als gestutzte Dreiecke. Rest neu zusammengesetzt

Wir erhalten so einen FlŠchensatz mit Trapezen:

blau + blau + grŸn = rot

FŸr einen spitzen Winkel  gilt ein analoger FlŠchensatz:

blau + blau = grŸn + rot

In beiden FŠllen werden fŸr  die blauen und das rote Trapez zu Quadraten und das grŸne Trapez verschwindet. Es entsteht das Pythagoras-Piktogramm.

6        Zerlegungspuzzle

Die Figur zeigt ein Zerlegungspuzzle. Es handelt sich hier allerdings um einen Sonderfall mit . Es ist dann . Gibt es andere einfache Puzzles?

Zerlegungspuzzle