Hans Walser, [20120107]

Dritteln durch Halbieren

Anregungen: B. J., B. und J. W., R.

Es werden verschiedene Beispiele vorgestellt, bei denen wir durch fortgesetztes Halbieren zu Dritteln kommen.

1        Farbenmauer

Die Farbenanteile eines Steins sind gleich wie die Farbenanteile der beiden darunter liegenden Steine. Wir mŸssen also die Farbanteile dieser beiden Steine zusammenzŠhlen und dann halbieren.

Farbenmauer

Zuunterst haben wir einfarbige Steine, gegen oben werden sie immer mehr zu Trikoloren. Stimmt das mit der Trikolore?

2        Geometrische Reihe

Aus der Halbierungsfolge  wŠhlen wir jedes zweite Folgenglied aus, also die geometrische Folge , und addieren. Demo mit Excel:

n

(1/4)^n

Summe

1

0.250000

0.250000

2

0.062500

0.312500

3

0.015625

0.328125

4

0.003906

0.332031

5

0.000977

0.333008

6

0.000244

0.333252

7

0.000061

0.333313

8

0.000015

0.333328

9

0.000004

0.333332

10

0.000001

0.333333

Die Summe konvergiert gegen einen Drittel. Das ist natŸrlich ein alter Hut:

 

 

Fragen:

á        Wie hŠngt das mit dem Dualsystem zusammen?

á        Wie mit dem Zahlensystem zur Basis 4?

3        Dritteln einer Strecke

Um eine Strecke  zu dritteln, kšnnen wir einen beliebigen Startpunkt  au§erhalb der Geraden PQ wŠhlen. Den Mittelpunkt der Strecke  nennen wir , den Mittelpunkt der Strecke  nennen wir  und so weiter. Wir haben also folgende Rekursion:

Die Abbildung zeigt die ersten Schritte.

Dritteln einer Strecke?

Wir vermuten, dass die beiden Punktfolgen je einen Lines  beziehungsweise   haben und dass A der erste und B der zweite Drittelspunkt der Strecke PQ ist.

Bemerkungen und Fragen:

á        Warum ist das so?

á        TatsŠchlich brauchen wir nur ganz wenige Punkte der Punktfolge zu konstruieren und finden dann sehr leicht die Drittelspunkte. Wie geht diese Minimalkonstruktion?

á        Was geschieht, wenn wir den Startpunkt  auf der Geraden PQ wŠhlen?

4        Dritteln eines Papierstreifens

Wir falten einen Streifen der in der Mitte. Die Faltlinie markieren wir mit rot. Nun falten wir von rechts her bis zur roten Faltlinie und markieren die neue Faltlinie blau. Anschlie§end von links her bis zur blauen Faltlinie, die neue Faltlinie markieren wir wieder rot. Nun von rechts her bis zur neuen roten Faltlinie, gibt eine neue blaue Faltlinie. Und so weiter. Die Abbildung illustriert das schrittweise Vorgehen.

Falten des Streifens

Wir vermuten, dass die roten Faltlinien gegen das linke Drittel und die blauen gegen das rechte Drittel des Streifens konvergieren.

Um das einzusehen, skalieren den Streifen am linken Ende mit 0 und am rechen Ende mit 1. Weiter sei  die Position der roten Faltlinien, also , und  die Position der blauen Faltlinien. Es ist . Damit gilt die Rekursion:

 

 

 

Mit Excel ergibt sich:

n

a[n]

b[n]

0

0.500000

0.750000

1

0.375000

0.687500

2

0.343750

0.671875

3

0.335938

0.667969

4

0.333984

0.666992

5

0.333496

0.666748

6

0.333374

0.666687

7

0.333344

0.666672

8

0.333336

0.666668

9

0.333334

0.666667

10

0.333333

0.666667

Positionen der Faltlinien

Wir vermuten:

 

 

 

In der Tabelle erkennen wir gewšhnliche BrŸche:

n

0

1

2

3

 

BrŸche

Sehen wir eine GesetzmŠ§igkeit? — Nenner vervierfachen, ZŠhler vervierfachen minus 1.

Bemerkungen:

á        Wenn wir im Abschnitt 3 (Dritteln einer Strecke) den Startpunkt  in der Mitte der Strecke PQ wŠhlen, haben wir genau unser Streifenfaltproblem. 

á        Beim Streifenfalten braucht die erste Faltlinie nicht in der Mitte zu liegen. Wir kšnnen mit einem beliebigen  starten.

5        Winkeldrittelung

Ein Winkel kann nicht mit Zirkel und Lineal gedrittelt werden. Hingegen kšnnen wir einen Winkelsektor analog zu unserem Streifen falten.

Sektor falten

6        Dritteln einer Zahl

Wir mšchten die Zahl d mit Halbieren durch drei dividieren. Dazu kšnnen wir wie folgt vorgehen: Wir wŠhlen eine Startzahl  und arbeiten mit der Rekursion:

 

Beispiel: Wir wŠhlen  und . Mit Excel erhalten wir:

c

15.000000

 

 

n

a[n]

0

7.000000

1

4.000000

2

5.500000

3

4.750000

4

5.125000

5

4.937500

6

5.031250

7

4.984375

8

5.007813

9

4.996094

10

5.001953

Dritteln einer Zahl durch geeignetes Halbieren

Die Tabelle fŸhrt zur Vermutung:

 

Warum funktioniert das?

Interessant ist der Fall,  wieder mit dem Startwert  zu bearbeiten:

c

0.000000

 

 

n

a[n]

0

7.000000

1

-3.500000

2

1.750000

3

-0.875000

4

0.437500

5

-0.218750

6

0.109375

7

-0.054688

8

0.027344

9

-0.013672

10

0.006836

Dritteln von nichts

Wir stellen fest, dass der ãFehlerÒ betragsmŠ§ig mit jedem Schritt halbiert wird.

7        Gleichseitige Dreiecke in einem Papierstreifen

Vgl. [Hilton/Pedersen 1994] und [Hilton/Pedersen/Walser 2003].

Wir beginnen mit einem langen Streifen.

Dann falten wir in irgend einer Richtung nach oben.

Auffalten.

Nun falten wir nach unten, indem wir die Oberkante des Streifens an die Faltkante anlegen. Dadurch ist die neue Faltlinie die Winkelhalbierende des Winkels zwischen der alten Faltkante und der Streifenoberkante.

Auffalten.

Nach oben falten.

Auffalten.

Nach unten falten.

Auffalten.

Faltprozess

Es entstehen Dreiecke, welche sich immer mehr einem gleichseitigen Dreieck annŠhern. Warum? — FŸr die im letzten Bild des Faltprozesses markierten Winkel gilt die Rekursion:

 

Es wird also der Winkel 180¡ gedrittelt. Daher werden die Dreiecke im Limes gleichseitig.

8        Zahlentripel

Wir arbeiten nun mit Zahlentripeln  und verwenden die Rekursion:

 

Jede neue Tripelzahl ist das arithmetische Mittel der beiden anderen alten Tripelzahlen.

FŸr das Starttripel  erhalten wir mit Excel:

n

a[n]

b[n]

c[n]

0

8.000000

5.000000

14.000000

1

9.500000

11.000000

6.500000

2

8.750000

8.000000

10.250000

3

9.125000

9.500000

8.375000

4

8.937500

8.750000

9.312500

5

9.031250

9.125000

8.843750

6

8.984375

8.937500

9.078125

7

9.007813

9.031250

8.960938

8

8.996094

8.984375

9.019531

9

9.001953

9.007813

8.990234

10

8.999023

8.996094

9.004883

Tripel mit Limes

Wir vermuten natŸrlich:

 

Das Grenztripel besteht aus den Durchschnitten der drei Startwerte. Dazu ist ein Dritteln erforderlich. In der Rekursionsformel haben wir aber nur halbiert.

8.1      Sonderfall

FŸr das Starttripel  erhalten wir:

n

a[n]

b[n]

c[n]

0

1.000000

0.000000

0.000000

1

0.000000

0.500000

0.500000

2

0.500000

0.250000

0.250000

3

0.250000

0.375000

0.375000

4

0.375000

0.312500

0.312500

5

0.312500

0.343750

0.343750

6

0.343750

0.328125

0.328125

7

0.328125

0.335938

0.335938

8

0.335938

0.332031

0.332031

9

0.332031

0.333984

0.333984

10

0.333984

0.333008

0.333008

Sonderfall

Vermutlich ist:

 

In den DezimalbrŸchen zu Beginn der Tabelle erkennen wir gewšhnliche BrŸche:

0

1

0

0

1

0

2

3

4

5

BrŸche

Es ist manchmal sinnvoll, BrŸche auf gleichen Nenner zu bringen:

0

1

2

3

4

5

Gleiche Nenner

Wir vermuten die expliziten Formeln:

 

 

 

Beweis induktiv:

(I) Startwerte ok.

(II) Induktionsschritt:

 

 

 

 

Aus den expliziten Formeln ergibt sich fŸr  sofort der Limes .

Analog erhalten wir mit den Starttripeln  und  den gleichen Limes .

8.2      Allgemeiner Fall

Bei einem beliebigen Starttripel  arbeiten wir nun mit der Linearkombination:

 

Damit erhalten wir als Limes:

 

9        Tripel von Vektoren

Wir ersetzen nun die Zahlen durch Vektoren, also  und arbeiten entsprechend mit der Rekursion:

 

Die Vektoren kšnnen wir als Ortsvektoren von drei Punkten  deuten, welche jeweils ein Dreieck bilden. Dabei ist zum Beispiel  der Mittelpunkt der Seite .  Wir erhalten eine Folge von Seitenmittendreiecken. Da ein Seitenmittendreieck denselben Schwerpunkt hat wie das zugehšrige Dreieck (warum ist das so?), haben alle Dreiecke  denselben Schwerpunkt wie das Startdreieck .

Wir kšnnen die drei Spaltenvektoren als Matrizen zusammenfassen. Die Rekursion besteht darin, dass jede Spalte durch den Mittelwert der beiden anderen Spalten ersetzt wird.

9.1      In der Ebene

Die Abbildung zeigt das Beispiel mit den Startpunkten , ,  fŸr .

Es ist dann , , . Wir sind also schon recht nahe am Schwerpunkt .

Beispiel

Die zugehšrigen Matrizen haben zwei Zeilen und drei Spalten. In unserem Beispiel ist:

, und spŠter

 

 

FŸr den Limes erhalten wir:

 

 

9.2      Im Raum

Drei rŠumliche Spaltenvektoren bilden eine .

9.2.1    Einheitsmatrix

Wenn wir mit der  starten, sind die Ecken des Startdreiecks die Einheitspunkte auf den Koordinatenachsen. Das Dreieck ist gleichseitig.

FŸr die Matrizen erhalten wir:

 

 

 

Diese Zahlen haben wir schon einmal gesehen.

Fragen und Bemerkungen:

á        Bei allen Matrizen  sind sŠmtliche Spaltensummen und Zeilensummen gleich 1. Warum?

á        Was ist ?

á        Behauptung: . Beweis?

Interessant sind auch die Determinanten dieser Matrizen:

 

Fragen und Bemerkungen:

á        Wir haben doch in der Schule gelernt, dass die Determinante einer Matrix, bei der eine Spalte die Summe der beiden anderen Spalten ist, verschwindet. Unsere Determinanten sind aber (noch) nicht Null. Wo ist der Denkfehler?

á        Hat etwa der Faktor  beim Verkleinern der Determinante damit zu tun, dass die Seitenmittendreiecke nur einen Viertel der FlŠche des Ausgangsdreieck bedecken?

á        Aber Determinanten von  haben doch mit Volumina zu tun?

FŸr den Limes erhalten wir:

 

 

 

9.2.2    Der Schwerpunkt ist grau

Wir zeichnen nun den Sonderfall mit der Einheitsmatrix und verwenden gleichzeitig die Punktkoordinaten als rgb-Farbcodes (red-green-blue). Die Ecke  ist dann rot, die Ecke  grŸn und die Ecke  blau.

Koordinaten und rgb-Farben

Der Schwerpunkt  erhŠlt die rgb-Farbe , also ein Grau, das nŠher bei Schwarz als bei Wei§ liegt. In der folgenden Abbildung (es ist ein 2d-Bild mit einem gleichseitigen Dreieck) ersetzen wir die Punkte durch Kreise, deren Grš§e wir so justieren, dass sich auf einer Seite benachbarte Kreise berŸhren.

Graues Zentrum

Wie gro§ mŸssen die Kreisradien gewŠhlt werden?

9.2.3    Aufhellung

Wir kšnnen diese triste Welt mit grauem Zentrum etwas aufhellen, indem wir die Farbtripel linear so normieren, dass der grš§te Wert auf 1 gesetzt wird, also:

 

 

Das sieht dann so aus:

Aufhellen der Farben

Der Schwerpunkt wird nun wei§. Die folgende Abbildung zeigt das entsprechende 2d-Bild mit Kreisen.

Wei§es Zentrum

Frage: Was geschieht, wenn wir auch die Koordinaten entsprechend ãaufhellenÒ? — Die Punkte werden vom Ursprung aus auf den EinheitswŸrfel projiziert.

Projektion auf EinheitswŸrfel

9.2.4    Allgemeiner Fall

FŸr eine beliebige Startmatrix

 

 

 

erhalten wir:

 

 

 

 

Die Abbildung zeigt die Situation fŸr die Startmatrix:

 

 

 

Dabei wurden die ãaufgehelltenÒ Farben mit den Kennfarben rot, grŸn, blau in den Eckpunkten des Startdreiecks Ÿbernommen.

Allgemeines Beispiel im Raum

Bemerkung: Es ist . Das Ausmitteln der Spalten ist also im Wesentlichen in den Matrizen  enthalten.

10    Mittelpunkte von Dreiecksbogen. Ausgleichen eines Dreiecks

Wir setzen den Punkt  nun nicht mehr in die Mittel der Strecke , sondern in die Mitte desjenigen Umkreisbogens , der auch den Punkt  enthŠlt, und entsprechend fŸr  und . Wir halbieren also Kreisbogen. Die Abbildung zeigt den ersten Schritt.

Erster Schritt

Wir schneiden die Mittelsenkrechten mit dem Umkreis.

Die folgende Abbildung zeigt die ersten drei Schritte. Das Startdreieck ist rot, und dann gilt das romantische Prinzip: Je blauer, um so nŠher am Unendlichen.

Die ersten drei Schritte

Wenn wir 10 Schritte tun, wird es schon deutlicher: Die Sache stabilisiert sich. Das Grenzdreieck ist vermutlich gleichseitig.

Grenzdreieck gleichseitig

Fragen:

á        Warum ist das so?

á        Wie hŠngt die Position des Grenzdreiecks vom Startdreieck ab?

á        Wie ãmerktÒ der Computer, welcher der beiden Kreisbogen jeweils der richtige ist?

á        Wo wird nun gedrittelt?

 

Literatur

[Hilton/Pedersen 1994]          Hilton, Peter / Pedersen, Jean: Build Your Own Polyhedra. Menlo Park: Addison-Wesley 1994. ISBN 0-201-49096-X

[Hilton/Pedersen/Walser 2003] Hilton, Peter / Jean Pedersen / Hans Walser: Die Kunst der Mathematik. Von der handgreiflichen Geometrie zur Zahlentheorie. Dillingen: Akademie fŸr Lehrerfortbildung und PersonalfŸhrung. 2003