Hans Walser, [20090509a]

Wurzeln aus Matrizen

1        Worum es geht

Zu einer gegebenen 2,2-Matrix A suchen wir 2,2-Matrizen B mit der Eigenschaft: . Wir suchen also Quadratwurzeln der Matrix A.

2        Quadrieren

Wenn wir eine quadratische 2,2-Matrix B mit den Eigenwerten  und Eigenvektoren  quadrieren, erhalten wir eine Matrix  mit denselben Eigenvektoren und den Eigenwerten .

Beweis: Aus  ergibt sich: .

3        Quadratwurzeln

Wir gehen davon aus, dass die Matrix A zwei verschiedene Eigenwerte  und  hat. (Der Fall  ist recht kompliziert.)  Dazu gehšren die Eigenvektoren  und . Um eine Matrix B mit  zu finden, bestimmen wir deren Eigenwerte  aus . Man beachte, dass es hier vier verschiedene Vorzeichenkombinationen geben kann. Dann bestimmen wir B aus den Eigenwerten  und den Eigenvektoren .

4        Beispiel

Wir bearbeiten die Matrix A:

 

4.1      Eigenwerte und Eigenvektoren der Matrix A

Die charakteristische Gleichung fŸr die Eigenwerte ist . Daraus erhalten wir  und damit die Eigenwerte  und . Zum Eigenwert  muss ein Eigenvektor  die folgende Bedingung erfŸllen:

Eine mšgliche Lšsung ist:

Analog finden wir fŸr  eine mšgliche Lšsung:

4.2      Wurzelmatrix

Die gesuchte Wurzelmatrix B hat also die Eigenwerte  und . Es gibt vier Vorzeichenkombinationen. Wir bearbeiten exemplarisch den Fall plus-plus,  also  und . Die Eigenvektoren sind dieselben wie die der Matrix A.

4.2.1     Erster Lšsungsweg

FŸr die Matrix B machen wir den Ansatz:

Damit muss gelten:  und .

           und                

FŸr das Gleichungssystem

ergibt sich die Lšsung: , also die Matrix B:

4.2.2     Zweiter Lšsungsweg

U sei die Matrix mit den Spaltenvektoren  und . Dann gilt:

Hintergrund: Die Matrix  bringt die Eigenvektoren auf die Koordinatenachsen. Dann wird in Richtung der beiden Koordinatenachsen mit  beziehungsweise  gestreckt. Die Matrix U schlie§lich bringt die gestreckten Vektoren wieder in die Richtung der ursprŸnglichen Eigenvektoren. Die Zusammensetzung ist aber genau das, was die Matrix B bewirken soll.

4.3      Lineare Abbildung

In der folgenden Figur haben wir ein grŸnes Urbild. Magenta ist das Bild bei der linearen Abbildung mit der Matrix B, rot das Bild bei der linearen Abbildung mit der Matrix . Blau sind die Geraden in den Richtungen der Eigenvektoren eingezeichnet. 

Urbild, Zwischenbild und Bild

5        MuPAD

Das folgende MuPAD-Programm liefert alle vier Vorzeichenkombinationen bei den Eigenwerten von B.

5.1      Erster Lšsungsweg

Matr:= Dom::Matrix(): // Eigenwerte und Eigenvektoren A

A := Matr([[12, 6], [-4, 1]]);

B := Matr([[a, b], [c, d]]):

EA := linalg::eigenvectors(A);

u:=j->EA[j][3][1]:

lambda:=j->EA[j][1]:

 

for p from 0 to 1 do // Vorzeichenkombinationen

 for q from 0 to 1 do

  mu[p,q,1]:=(-1)^p*sqrt(lambda(1)):

  mu[p,q,2]:=(-1)^q*sqrt(lambda(2)):

 end_for:

end_for:

 

Gleichung:=(p,q)->{(((B*u(j))[i]=mu[p,q,j]*u(j)[i])$j=1..2)$i=1..2}:

 

for p from 0 to 1 do // Berechnen der Matrix B

 for q from 0 to 1 do

  s:=solve(Gleichung(p,q), {a,b,c,d}):

  B1:=Matr([[s[1][1][2], s[1][2][2]], [s[1][3][2], s[1][4][2]]]):

  print(Typeset, B1):

 end_for:

end_for:

 

Zur Matrix A

erhalten wir die Eigenwerte mit Vielfachheit und die Eigenvektoren

und der Reihe nach die zu den verschiedenen Vorzeichenkombinationen passenden Lšsungen:

5.2      Zweiter Lšsungsweg

Matr:= Dom::Matrix(): // Eigenwerte und Eigenvektoren A

A := Matr([[12, 6], [-4, 1]]);

EA := linalg::eigenvectors(A):

u:=j->EA[j][3][1]:

lambda:=j->EA[j][1]:

U:=Matr([[EA[1][3][1][1], EA[2][3][1][1]],

         [EA[1][3][1][2], EA[2][3][1][2]]]);

 

for p from 0 to 1 do // Vorzeichenkombinationen

 for q from 0 to 1 do

  mu[p,q,1]:=(-1)^p*sqrt(lambda(1)):

  mu[p,q,2]:=(-1)^q*sqrt(lambda(2)):

 end_for:

end_for:

 

for p from 0 to 1 do // Berechnen der Matrix B

 for q from 0 to 1 do

  Di:=Matr([[mu[p,q,1], 0], [0, mu[p,q,2]]]):

  B:=U*Di*U^(-1):

  print(Typeset,  B):

 end_for:

end_for:

 

Zur Matrix A 

erhalten wir die Matrix U aus den Eigenvektoren

und der Reihe nach die zu den verschiedenen Vorzeichenkombinationen passenden Lšsungen:

6        Abbildungen

Im Folgenden zu jeder Lšsung die Abbildungen:

Erste Lšsung

Zweite Lšsung

Dritte Lšsung

Vierte Lšsung

Die magenta Zwischenbilder sehen unterschiedlich aus. In der ersten und vierten Lšsung sind sie gleich orientiert (Locke beachten) wie das Urbild und das Endbild, in der zweiten und dritten Lšsung sind sie entgegengesetzt orientiert.

7        Die Drehung

Als interessantes Beispiel behandeln wir die Drehmatrix A:

Aus geometrischen GrŸnden ist die Drehung um den halben Winkel sicher eine Lšsung:

FŸr die Matrix U der Eigenvektoren liefert MuPAD:

MuPAD liefert als erste Lšsung:

Dies ist tatsŠchlich die aus geometrischen GrŸnden gefundene Lšsung, es genŸgt, die erste Zeile zu kontrollieren:

MuPAD liefert als zweite Lšsung:

Diese Matrix kann umgeformt werden zu:

Kontrolle:

Die dritte Lšsung sieht so aus:

Diese Matrix kann umgeformt werden zu:

FŸr die vierte Lšsung liefert MuPAD:

Diese Matrix kann umgeformt werden zu:

Es ist:

Damit ist es aus geometrischen GrŸnden klar, dass es sich um eine Wurzel der Drehmatrix handelt.