Hans Walser, [20120528]

Viereck

Es werden einige Spielereien am Viereck untersucht. Daraus ergeben sich interessante Eigenschaften fŸr spezielle Vierecke, die im Ÿblichen Kanon des Hauses der Vierecke nicht enthalten sind.

1        Viereck und halbe Quadrate

1.1      Die Figur

Wir setzen einem beliebigen Viereck auf den Seiten halbe Quadrate in Form gleichschenklig rechtwinkliger Dreiecke an gemŠ§ Abbildung 1.

Abb. 1: Viereck mit aufgesetzten halben Quadraten

Dann sind die beiden roten Strecken gleich lang und orthogonal.

1.2      Der Beweis

Wir bearbeiten einen allgemeinen Fall, indem wir den Vierecksseiten Šhnliche gleichschenklige Dreiecke aufsetzen. Die roten Strecken sind dann weder gleich lang noch orthogonal.

FŸr den Beweis arbeiten wir mit Vektoren gemŠ§ Abbildung 2.

Die Indizes  sind mod 3 zu rechnen.

Es seien  die Seitenvektoren und  die um  gedrehten Vektoren .

Die beiden Diagonalvektoren bezeichnen wir mit  und .

Weiter sei . In der Abbildung 1 ist  (die Vektoren  schauen nach innen), in der Abbildung 2 ist .

Abb. 2: Bezeichnungsfigur

Die fŸr unsere †berlegungen relevanten Vektoren sind  und .

Mit einiger Rechnung erhalten wir:

Daraus ergibt sich: FŸr  sind die beiden Vektoren ,  und damit die roten Strecken gleich lang und orthogonal. Die Abbildung 1 gehšrt zum Fall . FŸr  mŸssen wir die Dreiecke nach innen ansetzen, wobei sie sich teilweise Ÿberlappen (Abb. 3).

Abb. 3: Halbe Quadrate nach innen

Die Abbildung 4 zeigt die †berlagerung der Abbildungen 1 und 3. Diese Figur lŠsst auch eine Interpretation als Gelenkmodell zu: Vier Quadrate werden an je gegenŸberliegenden Ecken gelenkig zu einer geschlossenen Figur verbunden. Die restlichen Quadratecken kšnnen zu zwei orthogonalen Kreuzen mit je gleich langen Kreuzbalken verbunden werden.

Abb. 4: Gelenkmodell

2        Spezielle Vierecke

Wir haben gesehen, dass in einem beliebigen Viereck die Beziehungen gelten:

Damit drŠngen sich SonderfŠlle von Vierecken auf, in denen die Diagonalen entweder senkrecht oder gleich lang oder beides sind.

2.1      Orthogonale Diagonalen

Aus der Beziehung

folgt, dass die beiden roten Strecken gleich lang sind (Abb. 5).

Abb. 5: Orthogonale Diagonalen

Die roten Strecken sind nicht mehr orthogonal, aber wir sehen, dass ihre Richtungen spiegelbildlich zu den Diagonalen liegen.

FŸr den Beweis setzen wir die Diagonalen auf die Koordinatenachsen und verwenden die Eckpunktskoordinaten:

Damit erhalten wir:

Daraus lŠsst sich die Spiegelbildlichkeit der Richtungen ablesen.

2.1.1     Sonderfall: Verbindungen gegenŸberliegender Kantenmitten

FŸr  erhalten wir die Verbindungen der Kantenmitten. Diese sind somit gleich lang und liegen richtungsmŠ§ig spiegelbildlich zu den Diagonalen. Dies ist allerdings nicht so umwerfend, weil diese Verbindungen ihrerseits die Diagonalen des Kantenmittenparallelogramms sind, welches in unserem Fall ein Rechteck ist (Abb. 6).

Abb. 6: Kantenmittenrechteck

2.1.2     Sonderfall: Halbe Quadrate

FŸr  erhalten wir wie oben halbe aufgesetzte Quadrate. Die roten Strecken sind orthogonal. Wir sehen, dass sie sich im Diagonalenschnittpunkt schneiden.

Abb. 7: Kopunktale Geraden

Uff, auch das mšchten die Schulmeister bewiesen haben. FŸr die Koordinatendisposition

erhalten wir:

Diese Punkte liegen auf den Geraden .

2.2      Gleich lange Diagonalen

Aus

ergibt sich, dass die roten Strecken orthogonal sind.

Abb. 8: Gleich lange Diagonalen

Nun sind die Richtungen der Diagonalen spiegelbildlich zu den Richtungen der roten Strecken. Das war ja zu erwarten, daher habe ich die Diagonalen mit symmetrischen Richtungen zu den Achsen disponiert. Mit der Koordinatendisposition

ergibt sich diese symmetrische Disposition. Wir erhalten:

Diese Vektoren stehen waagerecht und senkrecht.

2.3      DualitŠt

Die Vierecke mit orthogonalen Diagonalen und die Vierecke mit gleich langen Diagonalen verhalten sich dual zu einander. Das Aufsetzen von gleichschenkligen Dreiecken bei einem Typ fŸhrt jeweils zum anderen Typ. Es sind jeweils nur die Diagonalen gezeichnet, die Vierecke selber fehlen.

Das einfachste Beispiel zu dieser DualitŠt sind Rhombus und Rechteck. Das nŠchste Beispiel sind Drachenviereck und gleichschenkliges Trapez.

2.3.1     Iteration

Die Abbildung 9 zeigt ein iteratives Aufsetzen von gleichschenkligen Dreiecken. Die schwarz gezeichneten Diagonalen sind jeweils orthogonal, die roten gleich lang.

Wir sehen, dass in diesem Beispiel mit der Zeit nicht konvexe Vierecke entstehen. Die Sache lŠuft aus dem Ruder.

Abb. 9a: Ausgangsviereck mit orthogonalen Diagonalen

Abb. 9b: Erster Schritt: Viereck mit gleich  langen Diagonalen

Abb. 9c: Zweiter Schritt: Viereck mit orthogonalen Diagonalen

Abb. 9d: Dritter Schritt

Abb. 9e: Vierter Schritt

Abb. 9f: FŸnfter Schritt. Viereck nicht mehr konvex

Abb. 9g: Sechster Schritt

Abb. 9h: Siebenter Schritt

2.3.2     SelbstdualitŠt

Wenn wir halbe Quadrate aufsetzen, entsteht als Limesfigur ein Quadrat (Abb. 10). Die Dreiecke Ÿberlappen sich teilweise.

Die Diagonalen sind jeweils orthogonal. Mit Ausnahme der Startfigur haben alle Vierecke auch gleich lange Diagonalen. Die Figuren sind selbstdual. Das einfachste Beispiel dazu ist das Quadrat.

Abb. 10a: Erster Schritt

Abb. 10b: Zweiter Schritt. †berlappung

Abb. 10c: Dritter Schritt

Abb. 10d: Vierter Schritt

Abb. 10e: Siebenter Schritt

Abb. 10f: Elfter Schritt. Beinahe ein Quadrat