Hans Walser, [20130316], [20131022a]

Schšnheit und Goldener Schnitt

Anregung: R. H., A. / M. und T. K., L.

1     Grundsatz

Nicht alles, was schšn ist, enthŠlt den Goldenen Schnitt, und nicht alles, was den Goldenen Schnitt enthŠlt, ist schšn.

2     Marketing Gag

Der Name ãGoldener SchnittÒ ist stammt erst aus dem 19. Jahrhundert. FrŸher (Renaissance) gab es andere blumige Namen, etwa ãGšttliche ProportionÒ. Euklid sprach schlicht von ãstetiger TeilungÒ.

Die Bezeichnung ãGoldener SchnittÒ ist ein Marketing-Gag ersten Ranges. Mit der sachlich durchaus gerechtfertigten Bezeichnung ãSchiefer SchnittÒ wŸrde er in vielen (vor allem esoterischen) Kreisen wohl kaum beachtet.

3     Gestšrte Symmetrie

Der Goldene Schnitt hat eine gestšrte Symmetrie. Der Minor bezieht sich auf den Major, der Major aber auf die Summe von Minor und Major.

Die systematische Stšrung der Symmetrie macht aber den Reiz des Goldenen Schnittes fŸr Mathematiker aus.

4     Der Goldene Schnitt in der Natur

TatsŠchlich kann man in der realen Welt das Vorkommen des Goldenen Schnittes nicht geometrisch ãbeweisenÒ. Allerdings kommen aber auch einfachere geometrische Begriffe, wie etwa Kreis oder Gerade, in der realen Welt nicht exakt vor. Die Frage, mit welchen Toleranzen man arbeiten darf, ist Ermessenssache.

Die bekannte Proportionsskizze uomo vitruviano von Leonardo da Vinci ist nicht anatomisch-naturwissenschaftlich zu verstehen.

5     Der Goldene Schnitt in Architektur und Kunst

Das Kriterium fŸr das Vorkommen des Goldenen Schnittes in Architektur und Kunst ist die (dokumentierte) Absicht des Architekten oder Malers. Wo solche Unterlagen fehlen, ist man auf Vermutungen angewiesen.

Man kann in jedes Bauwerk den Goldenen Schnitt hineingeheimnissen. Bei der Cheops-Pyramide gibt es sogar Leute, die sowohl den Goldenen Schnitt wie auch die Kreiszahl ¹ finden. Das kann aber nicht sein, weil diese beiden Zahlen unterschiedliche Struktur haben.

Beim Leipziger Rathaus liegt die ErklŠrung fŸr das nŠherungsweise Auftreten des Goldenen Schnittes vielleicht ganz simpel darin, dass aus SparsamkeitsgrŸnden die Fundamente mehrerer ungleicher VorgŠngerbauten wieder verwendet wurden.

Es gibt aber Architekten, die bewusst mit dem Goldenen Schnitt arbeiteten, so etwa Le Corbusier. Da in mittelalterlichen SkizzenbŸchern das Pentagramm zu finden ist, ist es durchaus mšglich, dass auch die BauhŸtten der gotischen Kathedralen mit dem Goldenen Schnitt arbeiteten. Auch das Pentagon (GebŠudes des US Verteidigungsministeri­ums) enthŠlt den Goldenen Schnitt.

Bei Malern gibt es unter anderen Vertreter der Konkreten, welche mit dem Goldenen Schnitt arbeiten:

Jo Niemeyer (verwendet den Goldenen Schnitt und auch die Fibonacci-Folge in allgemeineren ZusammenhŠngen).

Natale Sapone (arbeitete hauptsŠchlich mit dem FŸnfeck).

 

Quadrat und Goldenes Rechteck

 

Literatur

Walser, Hans (6. Auflage). (2013). Der Goldene Schnitt. Mit einem Beitrag von Hans Wu§ing Ÿber populŠrwissenschaftliche Mathematikliteratur aus Leipzig. Leipzig: Edition am Gutenbergplatz. ISBN 978-3-937219-85-1.