Hans Walser, [20170613]

RegulŠre Rhomboeder

1     Worum geht es?

Wir untersuchen konvexe Polyeder, welche von kongruenten Rhomben begrenzt sind. ZusŠtzlich machen wir folgende RegularitŠtsvoraussetzung: An einer Ecke sollen entweder ausschlie§lich spitze Winkel der Rhomben oder ausschlie§lich stumpfe Winkel der Rhomben zusammensto§en.

Bekannte Beispiele sind das Rhombendodekaeder und das Rhombentriakontaeder. Wir werden zeigen, dass es keine anderen gibt.

Der WŸrfel ist ein Grenzfall, den ich auch zu den regulŠren Rhomboedern zŠhle.

Der Beweis ist etwas mŸhsam.

Genau die regulŠren Rhomboeder haben eine KantenberŸhrkugel.

2     Terminologie

Bei einem konvexen Rhomboeder mit kongruenten Seitenrhomben kšnnen an einer Ecke ausschlie§lich spitze Rhombenwinkel ansto§en. Eine solche Ecke nennen wir eine spitze Ecke. In den Abbildungen sind die spitzen Ecken rot markiert. Stumpfe Ecken mit ausschlie§lich stumpfen Rhombenwinkel sind blau markiert. Ecken, an denen sowohl spitze wie stumpfe Rhombenwinkel ansto§en, nennen wir ãgemischtÒ und markieren sie schwarz.

In der Figur der Abbildung 1a  haben wir zwei spitze Ecken. An den Ÿbrigen Ecken sto§en jeweils ein spitzer und zwei stumpfe Rhombenwinkel an. Dies kann durch Einzeichnen der langen Rhombendiagonalen sichtbar gemacht werden.

In der Abbildung 1b haben wir zwei stumpfe Ecken. An den Ÿbrigen Ecken sto§en jeweils zwei spitze und eine stumpfer Rhombenwinkel an.

Abb. 1: Ecken

Ein regulŠres Rhomboeder soll jetzt also nur spitze (rote) und stumpfe (blaue) Ecken haben, keine gemischten.

3     KonvexitŠt

An jeder Ecke mŸssen mindestens drei Rhomben ansto§en. Die Summe der Rhombenwinkel an einer Ecke muss aber kleiner als 360¡ sein. FŸr stumpfe Ecken hei§t das, dass genau drei Rhomben ansto§en. FŸr den stumpfen Rhombenwinkel  gilt daher:

 

                                                                                                                 (1)

 

In einer stumpfen Ecke kommen immer genau drei Kanten zusammen. Stumpfe Ecken haben im grafentheoretischen Sinn den Grad 3.

FŸr den spitzen Rhombenwinkel  gilt wegen :

 

                                                                                                                  (2)

 

Aus KonvexitŠtsgrŸnden kšnnen an einer spitzen Ecke nicht mehr als fŸnf Rhomben ansto§en. Spitze Ecken kšnnen also die Grade 3, 4, oder 5 haben.

4     RegulŠre Rhomboeder

FŸr die regulŠren Rhomboeder haben wir also bei spitzen Ecken die mšglichen Grade 3, 4 oder 5. Es wird sich sogar zeigen, dass bei einem regulŠren Rhomboeder ausschlie§lich spitze Ecken desselben Grades vorkommen kšnnen. Eine Figur gemŠ§ der Abbildung 2 mit zwei spitzen Ecken vom Grad 3 und drei spitzen Ecken vom Grad 4 ist also nicht mšglich.

Abb. 2: Kein regulŠres Rhomboeder

Die Polyederformel von Euler hilft da nicht weiter.

4.1    Spitze Ecke vom Grad 3

Wir nehmen an, das Rhomboeder enthalte (mindestens) eine spitze Ecke vom Grad 3. Diese Ecke ist mit drei stumpfen Ecken verbunden, welche ebenfalls den Grad 3 haben (Abb. 3).

Abb. 3: Start mit einer spitzen Ecke vom Grad 3

Aus ParallelitŠtsgrŸnden ist der blaue Winkel gleich dem roten Winkel (der rote Winkel ist ãhintenÒ). Andererseits mŸssen sich die beiden Winkel auf 180¡ ergŠnzen. Sie sind also rechte Winkel und wir sind in der Situation des WŸrfels.

4.2    Spitze Ecke vom Grad 4

Wir beginnen mit der spitzen Ecke vom Grad 4 und bauen mit Rhomben auf gemŠ§ Abbildung 4a.

Abb. 4: Start mit einer spitzen Ecke vom Grad 4

Wenn wir jetzt eine noch nicht verwendete Kantenrichtung (magenta in Abb. 4b) einbauen, ergibt sich eine Zone von Rhomben (grŸn in Abb. 4b). Dies steht aber im Widerspruch dazu dass die stumpfen Ecken (blau) genau den Grad 3 haben.

Wir mŸssen also mit den bereits vorhandenen Kantenrichtungen weiterfahren. Damit ergibt sich eine Schlie§ungsfigur mit der Topologie des Rhombendodekaeders (Abb. 5a). Alle spitzen Ecken haben den Grad 4.

ZunŠchst haben wir allerdings erst ein allenfalls affin verzerrtes Bild des Rhombendodekaeders. Die Metrik braucht noch nicht zu stimmen. Da die Seitenrhomben aber kongruent sind, haben alle dieselbe lange Diagonale. In der Abbildung 5b sind diese Diagonalen rot eingezeichnet. Sie bilden die Kanten eines Oktaeders. Da alle Kanten gleich lang sind, ist das Oktaeder regulŠr. Die spitzen Ecken sind also die Ecken eines regulŠren Oktaeders.

Abb. 5: Topologie des Rhombendodekaeders

Auf den Oktaederseiten sind kongruente dreiseitige Pyramiden mit den blauen Punkten als Spitzen aufgesetzt. Da die Pyramidenseiten benachbarter Pyramiden in einer Ebene liegen, haben wir es tatsŠchlich mit dem Rhombendodekaeder zu tun.

Die Diagonalen der Seitenrhomben haben das VerhŠltnis . Das entspricht dem SeitenverhŠltnis im DIN-Format (Walser 2013b).

Der spitze Winkel  der Seitenrhomben ist:

 

                                                                                               (3)

 

4.3    Spitze Ecke vom Grad 5

Es kann weder eine spitze Ecke vom Grad 3 noch eine vom Grad 4 vorkommen. Daher haben alle spitzen Ecken den Grad 5.   

Wir beginnen mit der spitzen Ecke vom Grad 5 und bauen mit Rhomben auf gemŠ§ Abbildung 6a.

Abb. 6: Start mit einer spitzen Ecke vom Grad 5

Die roten Ecken in der obersten Lage von Abbildung 6a mŸssen aber den Grad 5 haben. Wir sind also gezwungen, eine zusŠtzliche Kantenrichtung (magenta in Abb. 6b) einzufŸhren.

Die Figur der Abbildung 6b kann jetzt zu einer Schlie§ungsfigur mit der Topologie des Rhombentriakontaeders ergŠnzt werden (Abb. 7).

Abb. 7: Rhombentriakontaeder

Die langen Rhombendiagonalen bilden ein regulŠres Ikosaeder. Damit kšnnen wir schlie§en, dass wir es auch metrisch mit dem Rhombentriakontaeder zu tun haben.

Das DiagonalenverhŠltnis der Seitenrhomben ist der Goldene Schnitt (Walser 2013a). Der spitze Winkel  der Seitenrhomben ist:

 

                                                                                               (4)

 

Damit ist bewiesen, dass WŸrfel, Rhombendodekaeder und Rhombentriakontaeder die einzigen regulŠren Rhomboeder sind. Etwas viel Holz fŸr eine Geige.

5     KantenberŸhrkugeln

Genau die regulŠren Rhomboeder haben eine KantenberŸhrkugel, eine Kugel also, die alle Kanten berŸhrt.

ZunŠchst die Bilder.

5.1    Kantenmittenkugel beim WŸrfel

Beim WŸrfel berŸhrt die Kantenkugel in den Kantenmitten (Abb. 8a). Der Durchschnitt des WŸrfels mit seiner Kantenmittenkugel ist der SpielwŸrfel mit abgerundeten Ecken (Abb. 8b).

 

Abb. 8: Kantenmittenkugel beim WŸrfel

5.2    KantenberŸhrkugel beim Rhombendodekaeder

Beim Rhombendodekaeder berŸhrt die KantenberŸhrkugel nicht mehr in den Kantenmitten (Abb. 9a). Die BerŸhrpunkte dritteln die Kanten (nachrechnen).

Abb. 9: KantenberŸhrkugel beim Rhombendodekaeder

Die Abbildung 9b zeigt den zugehšrigen SpielwŸrfel.

5.3    KantenberŸhrkugel beim Rhombentriakontaeder

Die Abbildung 10 zeigt die Situation beim Rhombentriakontaeder.

Abb. 10: KantenberŸhrkugel beim Rhombentriakontaeder

Die BerŸhrpunkte unterteilen die Kanten in einem VerhŠltnis, das dem Quadrat des Goldenen Schnittes entspricht.

5.4    Ausschluss weiterer FŠlle

Die Schnittfiguren der KantenberŸhrkugel mit den Seitenrhomben sind deren Inkreise.

Bei Vorhandensein einer KantenberŸhrkugel berŸhren sich die Inkreise benachbarter Seitenrhomben (Abb. 11a). Das geht nur, wenn jeweils spitze Winkel und stumpfe Winkel der Seitenrhomben benachbart sind, also im Fall regulŠrer Rhomboeder.

Abb. 11: Inkreise der Rhomben

Sobald gemischte Ecken auftreten (Abb. 11b) kann es keine KantenberŸhrkugel geben.

Die regulŠren Rhomboeder lassen sich daher auch durch die Existenz einer KantenberŸhrkugel charakterisieren.

 

Literatur

Walser, Hans (2013a): Der Goldene Schnitt. 6., bearbeitete und erweiterte Auflage. Mit einem Beitrag von Hans Wu§ing Ÿber populŠrwissenschaftliche Mathematikliteratur aus Leipzig. Leipzig: EAGLE, Edition am Gutenbergplatz. ISBN 978-3-937219-85-1.

Walser, Hans (2013b): DIN A4 in Raum und Zeit. Silbernes Rechteck – Goldenes Trapez – DIN-Quader. Leipzig: EAGLE, Edition am Gutenbergplatz. ISBN 978-3-937219-69-1.