Hans Walser, [20170121a]

Anregung: L. H., F. und B. W., B.

Puzzles

1     Worum geht es?

Eine klassische Puzzle-Aufgabe wird auseinandergenommen.

Im 1d-Raum (Gerade) gibt es nur eine Lšsung.

In der Ebene gibt es genau zwei Lšsungen.

FŸr den Raum und hšhere Dimensionen ist unklar, ob es nur endlich viele Lšsungen gibt.

2     Das Problem

Das Beispiel der Abbildung 1 hat 20 Randteile und 15 Binnenteile.

Gibt es ein Puzzle mit gleich viel Randteilen wie Binnenteilen?

Abb. 1: Puzzle

3     Nachdenken Ÿber Puzzles

3.1    Form und Inhalt

Thomas hat bei den Gro§eltern ein Puzzle mit den Bremer Stadtmusikanten. Dabei ist der Esel ein eigenes Puzzleteil, ebenso der Hund, die Katze und der Hahn. Ein solches Puzzle passt nicht in das Raster der Abbildung 1.

3.2    Funktionale Puzzleteile

In realweltlichen Puzzles, etwa beim Gestell aus dem Mšbelladen zum Selbstbau, folgt die Form der Teile der Funktion. Die Seitenwand wird nicht in S-fšrmige Teile zerschnitten wie bei der Abbildung 1.

3.3    Symmetrie

3.3.1   Symmetrie der Puzzle-Teile

Die Puzzle-Teile der Abbildung 1 sind weitgehend kongruent. Die Binnenteile bilden ein FlŠchenornament der Symmetrieklasse p4g.

Vom Bildinhalt abgesehen sind die Binnenteile austauschbar. Sie kšnnen auf den Kopf gestellt werden und sogar umgewendet mit der RŸckseite nach oben. €hnliches gilt fŸr die Randteile und die Eckenteile. Damit stellt sich unweigerlich die ãAuf-wie-viele-Arten-kann-man-FrageÒ. FŸr das Beispiel der Abbildung 1 schlŠgt der Autor die Antwort (1) vor, ist sich aber bewusst, dass er sich irren kann.

 

                         (1)

 

Die Chance, mit verbundenen Augen das Puzzle so hinzulegen, dass das Gesamtbild stimmt, ist also annŠhernd null.

Die im Handel erhŠltlichen oder auch selbstgebauten Puzzles haben in der Regel nicht dieses Symmetrieverhalten (Abb. 2). Hier gibt es schon aus FormgrŸnden nur eine Mšglichkeit, das Puzzle hinzulegen.

Auch in diesem Beispiel kann aber zwischen Binnenelementen und Randelementen unterschieden werden.

Abb. 2: Asymmetrisches Puzzle

3.3.2   Symmetrie des Gesamtpuzzles

Das Puzzle der Abbildung 1 hat zusŠtzlich zu den Symmetrien der Teile als Ganzes zwei orthogonale Symmetrieachsen und ein Symmetriezentrum (Abb. 3).

Abb. 3: Symmetrien

In einem Puzzle dieser Art ist die Gesamtzahl der Teile ungerade. Es ist also nicht mšglich, dass es gleich viele Randteile wie Binnenteile hat.

Die Abbildungen 4 und 5 zeigen zwei Beispiele mit anderen Symmetrien, dafŸr mit gleich vielen Randteilen wie Binnenteilen (wir werden unten sehen, dass das die beiden einzigen Lšsungen sind).

Das Beispiel der Abbildung 4 hat 8 × 6 = 48 Teile, davon je 24 Rand- und Binnenteile. Das Gesamtpuzzle hat lediglich Punktsymmetrie.

Abb. 4: 48 Teile

Das Beispiel der Abbildung 5 hat 12 × 5 = 60 Teile, davon je 30 Rand und Binnenteile. Das Gesamtpuzzle hat eine Symmetrieachse.

Abb. 5: 60 Teile

4     Quadratraster

Die Ecken der Puzzleteile der Abbildungen 1 bis 5 liegen auf einem Quadratraster. Das AbzŠhlproblem kann daher so formuliert werden: Gesucht ist ein aus Quadraten zusammengesetztes Rechteck mit gleich vielen Rand- wie Binnenquadraten. Wir setzen die Maschenweite des Quadratrasters 1.

4.1    Hyperbel

Mit x bezeichnen wir die LŠnge und mit y die Breite des gesuchten Rechteckes. Dabei ist x  > 2 und y > 2. Die Bedingung lautet nun:

 

                                                                                                        (2)

 

Dies ist die Gleichung eines Kegelschnittes (Abb. 6). Es handelt sich um eine Hyperbel. In der Abbildung 6 sind grŸn die Asymptoten eingezeichnet.

Abb. 6: Hyperbel

Au§er den eingezeichneten Gitterpunkten gibt es offensichtlich keine weiteren Lšsungen. Die Gitterpunkte  und  entsprechen den Beispielen der Abbildungen 4 und 5.

4.2    Die Tschirnhaus-Transformation

Wir denken uns ein zusŠtzliches u,v-Koordinatensystem mit den Asymptoten der Hyperbel als Koordinatenachsen. Es ist also:

 

                                                                                                       (3)

Wir setzen nun

 

                                                                                                       (4)

 

in (2) ein und erhalten:

 

                                                                                                                              (5)

 

Wir mŸssen also 8 in zwei Faktoren zerlegen. Die einzigen Lšsungen sind:

 

                                                                                        (6)

 

Wegen (4) ergeben sich die schon bekannten Lšsungen.

Die Tschirnhaus-Transformation gestattet, in einem Ausdruck zweiten Grades die linearen Terme zu eliminieren. Ein Sonderfall ist die in der Schule bei quadratischen Gleichungen besprochene ãquadratische ErgŠnzungÒ.

Ehrenfried Walter von Tschirnhaus, 1651-1708.

4.3    Der Binnenrand

Im Beispiel der Abbildung 7 sind die Randquadrate gelb eingezeichnet. Die Binnenrandquadrate, also die Randquadrate des Binnenrechteckes, sind hellblau markiert.

Abb. 7: Binnenrand

Wir sehen, dass der hellblaue Binnenrand im Vergleich zum gelben Au§enrand an jeder Ecke zwei Einheitsquadrate weniger hat. Dieser Verlust von insgesamt 8 Einheitsquadraten muss durch den wei§en Teil des Binnenrechteckes ausgeglichen werden. Damit sind wir wieder gleich weit wie bei (5). Die Idee des Binnenrandes illustriert aber den Grundgedanken der Tschirnhaus-Transformation.

5     Andere Dimensionen

5.1    Eindimensional

Auf der Geraden gibt es nur eine Lšsung, die Strecke der LŠnge 4 (Abb. 8).

Abb. 8: Auf der Geraden

5.2    Im Raum

Im Raum haben wir die Bedingung:

 

                                                                                           (7)

 

ZusŠtzlich ist x > 2, y > 2 und z > 2. Die Gleichung (7) beschreibt eine FlŠche dritten Grades (Abb. 9).

Abb. 9: FlŠche dritten Grades

Auf dieser FlŠche mŸssten wir nun die Gitterpunkte finden.

Dazu machen wir einen brute force aproach fŸr 2 < x < y < z < 300. Wir erhalten die Werte der Tabelle 1.

 

Nr.

x

y

z

1

5

13

132

2

5

14

72

3

5

15

52

4

5

16

42

5

5

17

36

6

5

18

32

7

5

20

27

8

5

22

24

9

6

9

56

10

6

10

32

11

6

11

24

12

6

12

20

13

6

14

16

14

7

7

100

15

7

8

30

16

7

9

20

17

7

10

16

18

8

8

18

19

8

9

14

20

8

10

12

Tab. 1: Werte im Raum

Neckisch ist das quadratische Prisma (Nr. 14) mit der Quadratseite 7 und der Hšhe 100.

NatŸrlich mŸssen wir noch nachweisen, dass dies (bis auf die Reihenfolge der Koordinaten) alle Lšsungen sind.

Der Autor hat keine weiteren Beispiele gefunden, kann aber nicht ausschlie§en, dass es weitere Beispiele gibt.

Die Tschirnhaus-Transformation

 

                                                                                     (8)

 

liefert aus (7):

 

                                                                                                 (9)

 

Es fallen zwar die quadratischen Summanden weg, nicht aber die linearen. Diese linearen Terme haben mit den Binnenkanten des Binnenquaders im Vergleich zu den Kanten des gesamten Quaders zu tun.

5.3    Im 4d-Raum

Wir testen die Bedingung (die Variable w hat hier nichts mit der Tschirnhaus-Transformation zu tun):

 

                                                                           (10)

 

Allein schon fŸr 2 < w < x < y < z < 30 ergeben sich 26 Lšsungen (Tab. 2). FŸr grš§ere Bereiche gibt es viel mehr Lšsungen.

 

Nr.

w

x

y

z

1

6

16

26

28

2

6

20

20

27

3

6

20

22

24

4

7

11

24

30

5

7

12

20

30

6

7

12

23

25

7

7

14

16

30

8

7

15

16

26

9

7

16

18

20

10

8

9

26

28

11

8

10

20

27

12

8

10

22

24

13

8

11

18

24

14

8

12

14

30

15

8

12

15

26

16

8

12

18

20

17

8

13

15

22

18

8

14

16

18

19

9

11

13

28

20

9

11

14

24

21

9

12

14

20

22

9

14

14

16

23

10

11

12

24

24

10

12

12

20

25

10

12

14

16

26

11

12

13

15

Tab. 2: Im 4d-Raum

Im 5d-Raum scheint es noch mehr Lšsungen zu geben.