Hans Walser, [20231014]
Mercator-Karte
Approximative Herstellung der Seekarte von Mercator aus der Plattkarte.
In der Plattkarte (Abb. 1) wird in jedes Netzkaro (jeweils im Mittelpunkt) die Nord-Ost-Richtung als blauer Pfeil eingezeichnet.
Abb. 1: Nord-Ost
Irritierend ist, dass diese Richtungen nicht parallel sind, sondern gegen die Pole zu flach werden. Wir können also die Himmelsrichtungen nicht direkt aus der Karte ablesen.
Dies hat damit zu tun, dass die Parallelzonen in der Plattkarte in West-Ost-Richtung unterschiedlich verzerrt werden. Gegen die Pole zu müssen sie viel mehr in die Länge gezogen werden, damit sie gleich lang erscheinen wie die Parallelzonen beim Äquator. Wenn wir auf einem Gummiband Richtungen mit einem Steigungswinkel 45° und damit der Steigung 1 einzeichnen und das Gummiband in die Länge ziehen, erscheinen die Richtungen flach und flächer.
Die reduzierte Steigung ist gleich dem Kosinus der geografischen Breite.
Wir können Gegensteuer geben, indem wir die Parallelzonen in der Süd-Nord-Richtung strecken, und zwar mit dem Kehrwert des Kosinus der geografischen Breite.
Die Abbildung 2 zeigt links die Zone mit der mittleren geografischen Breite 52.5°N in der Plattkarte. Die eingezeichneten blauen Pfeile haben die Steigung cos(52.5°) ≈ 0.609.
Abb. 2: Entzerrung einer Zone
Nun strecken wir in senkrechter Richtung mit dem Faktor 1/cos(52.5°) ≈ 1.643 und erhalten das Zonenbild rechts. Die blauen Pfeile haben nun einen Neigungswinkel von 45°. Die Pfeilspitzen verlieren durch diese Streckung an Symmetrie und Eleganz.
Wir führen das Streckungsprozedere für jede der zwölf in der Plattkarte gegebenen Parallelzonen durch. Die Tabelle 1 gibt in der dritten Spalte den jeweils benötigten Streckfaktor. In Äquatornähe muss praktisch nicht gestreckt werden, in Polnähe gewaltig.
Geografische Breite φ |
cos(φ) |
1/cos(φ) |
82.5° |
0.131 |
7.661 |
67.5° |
0.383 |
2.613 |
52.5° |
0.609 |
1.643 |
37.5° |
0.793 |
1.260 |
22.5° |
0.924 |
1.082 |
7.5° |
0.991 |
1.009 |
–7.5° |
0.991 |
1.009 |
–22.5° |
0.924 |
1.082 |
–37.5° |
0.793 |
1.260 |
–52.5° |
0.609 |
1.643 |
–67.5° |
0.383 |
2.613 |
–82.5° |
0.131 |
7.661 |
Tab.
1: Streckfaktoren
Nun setzen wir die gestreckten
Zonen wieder zusammen (Abb. 3). Die blauen Pfeile haben nun alle den
Neigungswinkel 45°. Wer’s nicht glaubt, darf nachmessen.
Abb. 3:
Zusammensetzung
Die Abbildung 4
zeigt ein schrittweises Strecken, beginnend in der Mitte, also beim Äquator.
Abb. 4:
Schrittweises Strecken
Die Abbildung 5
zeigt denselben Vorgang ohne die blauen Pfeile.
Abb. 5:
Schrittweises Strecken
Diese Karte ist eine
Approximation der Seekarte von Mercator. Die Himmelsrichtungen können in den
Zonenmitten exakt, außerhalb der Zonenmitten näherungsweise abgelesen werden.
Die Approximation kann
durch Verdichten der Zonen, also Verkleinern der Zonenbreite, verbessert
werden. Der Streckfaktor der polnahen Zonen wir dabei
immer größer. Er divergiert. Die beiden Pole wandern ab ins Unendliche. Daher
kann die Mercatorkarte (Abb. 6) die beiden Pole nicht
darstellen, die Karte wird oben und unten abgeschnitten.
Abb. 6:
Mercator-Karte