Hans Walser, [201903009]

Kreisscharen

Idee und Anregung: H. M.-S., V.

1     Worum geht es?

Summen von Abstandsquadraten.

Verallgemeinerung von Thaleskreis und Pythagoras

2     Problemstellung

Wir arbeiten in der Ebene. Die †berlegungen spielen analog in hšheren Dimensionen. Wir gehen aus von n Punkten , einer Konstante c und n Gewichten . Die Gewichte dŸrfen auch null oder negativ sein. FŸr die Summe der Gewichte verwenden wir die Schreibweise G:

 

                                                                                                                     (1)

 

 

 

Wir suchen diejenigen Punkte , fŸr welche gilt:

 

                                                                                                   (2)

 

 

 

Es soll also die gewichtete Summe der Quadrate der AbstŠnde der Konstanten entsprechen. Man beachte, dass c nicht die Rolle der Hypotenuse im rechtwinkligen Dreieck spielt.

3     Bearbeitung

In einem kartesischen Koordinatensystem in der Ebene erhalten wir aus (2):

 

                                                                       (3)

 

 

 

Die Bedingung (3) kann umgeformt werden zu:

 

                 (4)

 

 

 

Falls G = 0 ist, erhalten wir aus (4) eine lineare Gleichung. Die gesuchte Punktmenge ist eine Gerade.

FŸr G ­ 0 kšnnen wir (4) schreiben in der Form:

 

                             (5)

 

 

 

Dies ist die Gleichung eines Kreises. Er hat den Mittelpunkt M:

 

                                                                       (6)

 

 

 

 

Der Mittelpunkt M ist also der gewichtete Schwerpunkt der Punkte .

Wenn wir nun c variieren, erhalten wir eine konzentrische Kreisschar.

Diese Kreisschar besteht aus den Niveaulinien der durch die linke Seite von (3) gegebenen Funktion in .

FŸr den Kreisradius r erhalten wir:

 

                       (7)

 

 

 

Dies kann in der Form geschrieben werden:

 

                                                             (8)

 

 

 

4     Beispiele

Die Quadratsumme der AbstŠnde kann durch eine FlŠchensumme von Quadraten visualisiert werden.

4.1    Beispiel 1

Zwei Punkte mit gleichem Gewicht. Die Abbildung 1 zeigt die Kreisschar. Die Kreisschar ist nicht Šquidistant. Es sind die Niveaulinien eines Rotationsparaboloides. Der Mittelpunkt der Kreisschar ist der Tiefpunkt des nach oben offenen Rotationsparaboloides.

Abb. 1: Kreisschar

Die Kreisschar enthŠlt als Sonderfall den Thaleskreis und damit den Satz des Pythagoras (Abb. 2).

Abb. 2: Hellblaue FlŠchensummen invariant. Satz des Pythagoras

Die Abbildung 3 zeigt den allgemeinen Fall (Satz von Al-Sijzī). Wir haben keine rechtwinkligen Dreiecke mehr.

Abb. 3: Hellblaue FlŠchensummen invariant. Satz des Al-Sijzī

4.2    Zwei Punkte mit entgegengesetzt gleichem Gewicht

Die Gewichtsumme G ist null. Wir erhalten den Sonderfall von parallelen Geraden (Abb. 4). Die Geraden sind aus SymmetriegrŸnden rechtwinklig zur TrŠgergeraden der beiden gegebenen Punkte.

Abb. 4: Gewichtsumme null

Die eine QuadratflŠche (grŸn in Abb. 5 und 6) mŸssen wir nun negativ rechnen.

Das Lot durch einen der beiden Punkte fŸhrt zum Sonderfall des Satzes des Pythagoras (Abb. 5).

Abb. 5: QuadratflŠchendifferenzen invariant. Pythagoras

Die Abbildung 6 zeigt einen allgemeinen Fall (Al-Sijzī).

Abb. 6: QuadratflŠchendifferenzen invariant. Al-Sijzī

4.3    Zwei Punkte mit ungleichem Gewicht

Wir arbeiten mit den Gewichten 1 und 2. Die Abbildung 7 zeigt die Kreisschar. Das Zentrum drittelt die Strecke zwischen den beiden Punkten. Der Punkt rechts hat das doppelte Gewicht.

Abb. 7: Kreisschar

In der Abbildung 8 wird der Sonderfall des Kreises durch einen der beiden Punkte vorgestellt.

Abb. 8: Hellblaue FlŠchensummen invariant

Die Abbildung 9 zeigt den allgemeinen Fall.

Abb. 9: Hellblaue FlŠchensummen invariant

4.4    Zwei Punkte mit GewichtsverhŠltnis im Goldenen Schnitt

Die Sache funktioniert auch mit irrationalem GewichtsverhŠltnis. Wir zeigen einen speziellen Fall. Die Strecke zwischen den beiden gegebenen Punkten teilen wir im VerhŠltnis des Goldenen Schnittes (Abb. 10) (Ÿber den Goldenen Schnitt siehe Walser 2013a) und zeichnen um den Teilpunkt den Kreis durch den nŠherliegenden Endpunkt.

Abb. 10: Goldener Schnitt und Kreis

Die Abbildung 11 zeigt nun die invarianten FlŠchensummen. Die benštigten Rechtecke sind goldene Rechtecke.

Abb. 11: Invariante FlŠchensummen

Neckische Frage: In welcher Position sind das Quadrat und das Goldene Rechteck flŠchengleich?

Dazu tragen wir ein Rechteck im DIN-Format ab (gelb in Abb. 12) und schlagen die kurze Seite hinauf. †ber das DIN-Format siehe Walser 2013b.

Abb. 12: DIN-Format und FlŠchengleichheit

4.5    Drei Punkte

Wir nehmen zunŠchst die drei Eckpunkte eines gleichseitigen Dreieckes mit der SeitenlŠnge 2 (Abb. 13). Jedem Punkte geben wir das Gewicht 1.

Das Niveau c = 5 gibt den Inkreis, das Niveau c = 8 den Umkreis. Der Mittelpunkt des Dreieckes hat das Niveau c = 4. FŸr Niveaus c < 4 gibt es keine reellen Kreise.

FŸr einen allgemeinen Punkt auf dem Niveau c = 9 sind die drei Quadrate eingezeichnet, deren FlŠchensumme fŸr alle Punkte auf diesem Niveau invariant ist.

Abb. 13: Gleichseitiges Dreieck

Nun verŠndern wir die Gewichte. Dem Punkt an der Spitze geben wir neu das Gewicht –1. Wir erhalten die Niveaulinien der Abbildung 14.

Abb. 14: Die Spitze hat das Gewicht –1

Das Zentrum der Kreise ist nun die Niveaulinie fŸr c = –4. Der Ankreis unter dem Dreieck hat das Niveau c = –1. Der Kreis durch die beiden Basispunkt hat das Niveau c = 0. Der Kreis durch die Spitze hat das Niveau c = 8.

Die Abbildung 15 gibt ein Beispiel mit drei Quadraten (Ausgangspunkt auf dem Niveau c = 3). Das grŸn gezeichnete Quadrat kommt negativ in die Buchhaltung.

Abb. 15: Beispiel

Nun geben wir noch einen drauf. Der Spitze geben wir das Gewicht –2. Damit wird die Gewichtssumme G = 0. Wir erhalten eine Parallelenschar als Niveaulinien (Abb. 16).

Abb. 16: Niveaulinien eine Parallelenschar

Die Grundlinie hat das Niveau c = –4. Der Schwerpunkt des Dreieckes ist auf dem Nivea c = 0. Die Spitze ist auf dem Niveau c = 8.

In der Abbildung 17 sind fŸr einen Punkt auf der Niveaulinie c = 0 (durch den Schwerpunkt) due zugehšrigen Quadrate eingezeichnet. Das grŸne Doppelquadrat kommt negativ in die Buchhaltung. Da wir den Punkt auf dem Niveau c = 0 gewŠhlt haben, hei§t das, dass die beiden blauen Quadrate flŠchengleich sind zum grŸnen Doppelquadrat.

Abb. 17: Blau = grŸn

4.6    Drei beliebige Punkte

Die Abbildung 18 zeigt die Situation mit drei beliebigen Punkten, aber alle mit dem Gewicht 1.

Abb. 18: Allgemeines Dreieck

Der Mittelpunkt der Kreisschar ist der Schwerpunkt des Dreiecks. Wenn wir die Kreise als Niveaulinien sehen, haben wir ein Rotationsparaboloid mit dem Tiefpunkt im Schwerpunkt des Dreiecks. Das  ist ein alter Hut aus der Statistik: die Abweichungsquadratsumme nimmt im Schwerpunkt (arithmetisches Mittel) das Minimum an.

4.7    Eckpunkte eines Quadrates

Wir nehmen die vier Eckpunkte eines Quadrates je mit dem Gewicht 1 (Abb. 19).

Abb. 19: Quadrat?

Die Kreisschar haben wir erwartet. Sie fŸhrt zu einer optischen TŠuschung, indem es so aussieht, als ob die Quadratseiten in der Mitte etwas eingedrŸckt wŠren und die Ecken leicht spitzwinklig.

Nun Šndern wir die Gewichte in 1, 1, –1, –1. Wir haben jetzt das Gesamtgewicht G = 0 und erwarten eine Parallelenschar (Abb. 20).

Abb. 20: Parallelenschar

Wir Šndern die Gewischt erneut ab in die alternierende Form 1, –1, 1, –1 und fragen ausschlie§lich nach dem Nullniveau. Dann wird der ganze Bildschirm rot (Abb. 21).

Abb. 21: Nullniveau bei alternierenden Gewichten

Wir haben einen mir bisher unbekannten Sachverhalt gefunden: die alternierende Summe der Quadrate der AbstŠnde von einem beliebigen Punkt zu den Ecken eines Quadrates ist null. Die Abbildung 22 illustriert den Sachverhalt. Dieser Sachverhalt kann direkt mit Pythagoras nachgewiesen werden.

Abb. 22: Blau = grŸn

 

Literatur

Walser, Hans (2013a): Der Goldene Schnitt. 6., bearbeitete und erweiterte Auflage. Mit einem Beitrag von Hans Wu§ing Ÿber populŠrwissenschaftliche Mathematikliteratur aus Leipzig. Edition am Gutenbergplatz, Leipzig. ISBN 978-3-937219-85-1.

Walser, Hans (2013b): DIN A4 in Raum und Zeit. Silbernes Rechteck – Goldenes Trapez – DIN-Quader. Leipzig: EAGLE, Edition am Gutenbergplatz. ISBN 978-3-937219-69-1.

 

Weblinks

Hans Walser: Optische TŠuschung

http://www.walser-h-m.ch/hans/Miniaturen/O/Opt_Taeuschung/Opt_Taeuschung.htm