Hans Walser, [20180626]
AbgeschrŠgtes Dodekaeder
Idee und Anregung: Frank Heinrich, Braunschweig
Das abgeschrŠgte Dodekaeder (Abb. 1) ist ein archimedischer Kšrper mit 12 regelmŠ§igen FŸnfecken und 80 regelmŠ§igen Dreiecken als SeitenflŠchen. Es wird auch als Dodecaedron simum bezeichnet (Adam & Wyss 1994, S. 75). Es hat 60 Ecken und 150 Kanten.
Es gibt zwei spiegelbildliche Versionen.
Abb. 1: AbgeschrŠgtes Dodekaeder
Das abgeschrŠgte Dodekaeder hat zwei unterschiedliche Diederwinkel, nŠmlich den Diederwinkel zwischen zwei Dreiecken und den Diederwinkel zwischen einem Dreieck und einem FŸnfeck.
Diese beiden Diederwinkel sollen bestimmt werden.
Wir projizieren das abgeschrŠgte Dodekaeder zentral auf die Einheitskugel. Anschlie§end fŸgen wir die duale Figur dazu. Die KantenlŠngen der dualen Figur sind, als Winkel interpretiert, die Nebenwinkel der gesuchten Diederwinkel.
Die Abbildung 2 zeigt ein Modell fŸr die Zentralprojektion des abgeschrŠgten Dodekaeders auf die Kugel. Das Modell entspricht der Version der Abbildung 1a.
Abb. 2: Projektion auf die Kugel. Modell
Spannend wird der Zusammenbau dieses Modells, wenn man alle Knoten kongruent auch hinsichtlich der Stapelreihenfolge der fŸnf inzidenten Kanten gestalten will.
Abb. 3: Situation an einer Ecke
An jedem Knoten kommen ein FŸnfeck und vier Dreiecke zusammen (Abb. 3, nicht ma§stŠbliche Skizze).
Wir bezeichnen die Innenwinkel der regelmŠ§igen sphŠrischen Dreiecke mit und die Innenwinkel der regelmŠ§igen sphŠrischen FŸnfecke mit . Diese Winkel sind grš§er als die entsprechenden Winkel bei ebenen Figuren.
Aus der Situation an einer Ecke folgt:
(1)
Die SeitenlŠnge der sphŠrischen Dreiecke und FŸnfecke bezeichnen wir mit s.
In der Abbildung 4 ist zusŠtzlich in rot die duale Figur eingezeichnet.
Abb. 4: Duale Figur
Die Knoten der dualen Figur sind die Mittelpunkte der sphŠrischen Dreiecke und FŸnfecke. Aus SymmetriegrŸnden sind die Winkel an den Knoten beziehungsweise .
Ebenfalls aus SymmetriegrŸnden sind die Kanten der dualen Figur die Mittelsenkrechten der Seiten der Dreiecke und FŸnfecke. Sie halbieren also die Seiten s.
Die KantenlŠngen der dualen Figur sind entweder 2p oder p + q mit noch unbekannten p, q. Diese KantenlŠngen sind Gro§kreisbšgen auf der Einheitskugel. Ihre LŠnge entspricht dem Nebenwinkel der gesuchten Diederwinkel.
Die Leserin oder der Leser ist gut beraten, sich die Stimmigkeit dieser Aussage in einem einfacheren Fall, zum Beispiel beim Oktaeder, zu Ÿberlegen.
FŸr die weiteren Berechnungen arbeiten wir mit den grŸn und gelb markierten rechtwinkligen Dreiecken der Abbildung 5.
Abb. 5: Rechtwinklige Hilfsdreiecke
FŸr unsere Berechnungen benštigen wir den sphŠrischen Winkel-Kosinus-Satz. In der Ÿblichen Bezeichnung fŸr ein beliebiges sphŠrisches Dreieck lautet er (Walser 2017, S. 81):
(2)
Im grŸn markierten Dreieck erhalten wir
(3)
oder vereinfacht:
(3Õ)
Im gelb markierten Dreieck erhalten wir
(4)
oder vereinfacht:
(4Õ)
Nebenbemerkung: Der Term kann durch den Goldenen Schnitt ausgedrŸckt werden (Walser 2013, S. 77). Mit
(5)
ist:
(6)
Also haben wir aus (4Õ) vereinfacht:
(4Ò)
Die Gleichungen (1), (3) und (4) bilden ein Gleichungssystem fŸr . Wir erhalten (CAS):
(7)
Die Winkel und sind etwas grš§er als die entsprechenden Winkel in der Ebene. Die SeitenlŠnge s brauchen wir in den Folgerechnungen nicht.
Die Leserin oder der Lesern kšnnen sich Ÿberlegen, wie das aus (1), (3), (4) bestehende Gleichungssystem ohne CAS gelšst werden kann. Tipp: eliminieren, dann flei§ig mit Additionstheoremen arbeiten. Im Anhang die hŠndische Rechnung.
Nun kšnnen wir auch die roten BogenlŠngen p und q ausrechnen.
Im grŸn markierten Dreieck erhalten wir:
(8)
Analog im gelb markierten Dreieck:
(9)
Aus (8) und (9) ergibt sich:
(10)
FŸr den Diederwinkel zwischen zwei Dreiecken folgt daraus:
(11)
FŸr den Diederwinkel zwischen einem Dreieck und einem FŸnfeck erhalten wir:
(12)
Wir haben das aus den Gleichungen (1), (3Õ) und (4Ò) bestehende Gleichungssystem zu lšsen:
(1)
(3Õ)
(4Ò)
ZunŠchst eliminieren wir . Aus (3Õ) und (4Ò) erhalten wir:
(13)
Aus (1) ergibt sich:
(14)
Wir machen die Substitutionen:
(15)
Einsetzen von (14) und (15) in (13) liefert:
(16)
Vereinfacht:
(17)
In der Abbildung 6 ist der linke Teil von (17) rot, der rechte blau dargestellt. Wir suchen den nichttrivialen Schnittpunkt.
Abb. 6: Graphische Darstellung
Wir formen die linke Seite von (17) um:
(18)
Eingesetzt in (17) ergibt:
(19)
Die trivialen Lšsungen sind sin(x) = 0. FŸr weitere Lšsungen gilt:
(20)
Wir machen die Substitution:
(21)
Damit ergibt sich aus (20) die Wurzelgleichung:
(22)
Wir erhalten durch Quadrieren die kubische Gleichung:
(23)
Diese kubische Gleichung lšsen wir lege artis und erhalten eine reelle und zwei konjugiert komplexe Lšsungen. Die reelle Lšsung ist:
(24)
Numerisch:
(25)
RŸckgŠngigmachung der Substitution (21) ergibt:
(26)
RŸckgŠngigmachung der Substitution (15) ergibt:
(27)
Das hatten wir schon in (7).
Literaturverzeichnis
Adam, Paul und Wyss, Arnold (1994): Platonische und Archimedische Kšrper, ihre Sternformen und polaren Gebilde. 2. Auflage. Bern: Verlag Paul Haupt. ISBN 3-258-04943-2.
Walser, Hans (2013): Der Goldene Schnitt. 6., bearbeitete und erweiterte Auflage. Mit einem Beitrag von Hans Wu§ing Ÿber populŠrwissenschaftliche Mathematikliteratur aus Leipzig. Edition am Gutenbergplatz, Leipzig. ISBN 978-3-937219-85-1.
Walser, Hans (2017): EAGLE STARTHILFE Kartografie. Edition am Gutenbergplatz, Leipzig. ISBN 978-3-95922-098-9.
Last modified 29. Juni 2018